Der Fluss wird ihr zu einem Sinnbild für die Geschichte ihres Volkes, ihrer Familie und auch ihrer selbst: Durch die Zeiten strömt der Sindhu, von dem die Sinti ihren Namen haben, und trägt von Ort zu Ort, „bis er sich zu guter Letzt in Schönheit auflöst – wo Heimat ist“. Die Sinti sind auf der Suche. Zwischen der Hommage an das legendäre Ensemble Hot Club de France und der Gefahr, den eigenen Ton nicht mehr zu treffen in der Anpassung ans moderne Umfeld, zwischen Lagerfeuerromantik und großartiger Jazzvirtuosität ist für eine neue Selbstvergewisserung der rechte Platz. Dotschy Reinhardt führt auf ihrer musikalischen Reise aus dem mythischen Königreich Sindhu im heutigen Pakistan über Persien nach Europa, von der Vertreibung vom Lagerplatz in der Nähe des schwäbischen Dorfs zu den Traumpfaden der ziehenden Ureinwohner.

 

Organisch verschmelzen der Bossa nova Brasiliens, US-amerikanischer Jazz, europäischer Gypsy-Swing und indische Sitarklänge mit Hi-Hat-Rauschen und Fingertrommeln, dazu der rhythmische Silbengesang Konakol, eine Art Scat-Singing. Das Ergebnis ist kein bemühter „Ethnojazz“, kein belangloser Mix. Spielerisch und doch traumwandlerisch sicher, meditativ befreiend zumeist, feinfühlig und tiefgründig hat Dotschy Reinhardt Ureigenes geschaffen. Eine Künstlerin erfüllt sich einen Traum. Aus dem kühnen Entwurf, im 21. Jahrhundert als Sinteza zeitgenössische Künstlerin zu sein, das Schaffen aber in der Tradition ihres Volkes zu verankern, wird Wirklichkeit. „Meinen Weg habe ich gefunden“, sagt Dotschy Reinhardt. Nach dem Gespräch steht sie auf und geht ausladenden Schritts – ohne sich noch einmal umzublicken.