Der SPD-Vorsitzende galt früher als der größte Fan der Vermögensteuer. Dann erklärte Gabriel die Steuer vor zwei Jahren für tot. Jetzt nährt er wieder die Hoffnung der Genossen.

Berlin - Das sage ich doch seit Jahren“, antwortete Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), als er in diesen Tagen auf die Vermögensteuer angesprochen wurde. Aus seiner Sicht gebe es bei diesem Thema nichts Neues. Und doch wird von den Sozialdemokraten genau registriert, dass Gabriel bei der Vermögensteuer wieder auf die Partei zugeht. Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt seien, könnte er einen Beschluss zur Wiedereinführung der Vermögensteuer mittragen, sagte Gabriel jüngst der „Rheinischen Post“. Das sind neue Töne, denn in den vergangenen Jahren machte der Wirtschaftsminister kein Hehl daraus, dass die Vermögensteuer keine Zukunft habe. „Die Vermögensteuer ist tot“, sagte Gabriel im November 2014 während einer Diskussionsrunde mit dem französischen Starökonomen und Erfolgsautor Thomas Piketty, der die ungleiche Einkommensverteilung auf der Welt anprangert. Gabriel stand damals auf dem Standpunkt, dass er seiner Partei unangenehme Wahrheiten zumuten müsse. „Eine Vermögensteuer hat in Deutschland keine Chance“, sagte er damals zum Leidwesen der Parteilinken.

 

Neue Töne des SPD-Vorsitzenden

Das klingt plötzlich wieder anders. Der Parteivorsitzende und Wirtschaftsminister legt zwar Wert darauf, dass Betriebe nicht stärker belastet werden dürfen. „Als Wirtschaftsminister will ich nicht, dass Betriebsvermögen in der Substanz besteuert wird“, stellte Gabriel klar. Da das Bundesverfassungsgericht es nicht zulasse, private und betriebliche Vermögen unterschiedlich zu besteuern, habe die Politik ein Problem. Denn die Hürden für eine verfassungskonforme Ausgestaltung sind hoch. Trotz seiner Bedenken bringt Gabriel die Vermögensteuer wieder ins Gespräch. Er sei gespannt, ob es ein Modell gebe, das eine saubere Unterscheidung ermögliche. Sein Signal ist klar: Er unterstützt das Vorhaben, wenn er die Voraussetzungen für erfüllt sieht. Einige SPD-Landesverbände tüfteln schon an entsprechenden Konzepten.

Die Spitzenverbände der Wirtschaft registrieren schon seit Wochen, dass Gabriel angesichts der schlechten Umfragewerte für die SPD seine Politik neu ausrichtet. Während sich der Wirtschaftsminister anfangs vehement für das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP einsetzte, spricht er neuerdings davon, dass ein Scheitern des Abkommens möglich sei. Rasche Positionswechsel sind bei Gabriel nicht ungewöhnlich. Das gilt jetzt auch für die Vermögensteuer. In der Sache hält er es zwar für schwierig, Betriebsvermögen auszunehmen. Das Vorhaben will er aber nicht aufgeben. Das deutet auf die Po- sitionierung zur Bundestagswahl 2017 hin.

Steuer wird nicht mehr erhoben

Auch im Wahlprogramm von 2013 setzte sich die SPD für die Vermögensteuer ein. „Vermögen wird in Deutschland im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich besteuert“, hieß es damals. Mit der Vermögensteuer wollte die SPD erreichen, dass mehr Geld in Bildung investiert wird. Die Vermögensteuer kann seit 1997 nicht mehr erhoben werden, weil das Verfassungsgericht einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz festgestellt hatte. Die Steuer gilt als sehr verwaltungsaufwendig, da alle Vermögensarten erfasst werden müssen.

Gabriel hatte sich schon in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident für die Vermögensteuer stark gemacht, wurde damals aber von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) zurückgepfiffen. Von dieser Schlappe erholte Gabriel sich nicht, er wurde anschließend nicht mehr zum Ministerpräsidenten gewählt. Er sei früher „Vorsitzender des Fanclubs für die Vermögensteuer gewesen“, erzählt Gabriel gern über sich. In der Fankurve will er zwar nicht mehr Platz nehmen, doch das Vorhaben feuert er an.