Der Privatsender RTL will sein Programm stärker „eventisieren“ – und engagiert Anastacia als Jurorin für die neue Castingshow „Rising Star“. Und das ist nicht der einzige Coup.

Stuttgart - Huch, was macht denn Anastacia hier? RTL hat zur Jahrespressekonferenz in ein ehemaliges Zollamt am Hamburger Hafen eingeladen, und unter lauter Anzugträgern fällt die US-Popsängerin sofort auf. Deutschlands größter Privatsender konnte sie als Jurorin für die neue Castingshow „Rising Star“ gewinnen, und das ist nicht der einzige Coup. Die schon lange versprochene Programmoffensive, sie nimmt Gestalt an. Und das wurde auch Zeit. Zwar ist RTL immer noch Marktführer bei den 14- 59-Jährigen, aber nur noch Dritter im Gesamtranking hinter ZDF und ARD. Es muss also etwas geschehen. Ein Wunder. „Eventisierung“ , heißt das im RTL-Jargon.

 

Eventi-was? „Eventisierung bedeutet, dass man Themen emotional auflädt und ihnen für eine kurze Zeit größtmögliche Aufmerksamkeit verschafft“, sagt RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger. Das weckt schlimme Befürchtungen. Man denkt an die Fußball-WM und daran, dass neue TV-Formate noch bunter als bisher und wie auf dem Rummel verramscht werden.

Dabei meint Sänger eher den Effekt vom Fernsehen als Lagerfeuer. Und auf den setzt der Sender nicht nur verstärkt beim Sport, wenn er – ein Novum – alle Qualifikationsspiele der deutschen Fußball-Nationalelf zur EM 2016 zur WM 2018 übertragen wird. RTL nutzt ihn schon jetzt genreübergreifend, zum Beispiel in der Comedy. „Mario Barth deckt auf“, heißt der Hybrid aus pubertärem Klamauk und, ähem, „investigativem Journalismus“: Auf der Spur von Steuerverschwendern stopfte Barth Geldscheine ins Klo. Das Kalkül ging auf. Die Folge lief so gut, dass Barth jetzt eine eigene Reihe bekommt.

Nackte auf einer Insel

Hauptsache, die Quote stimmt. Der Kampf um Aufmerksamkeit sei härter geworden, sagt Tom Sänger. RTL müsse sich etwas einfallen lassen und neue Trends setzen. Und das bedeutet einerseits: Trash as trash can – wenn es um neue Dating-Formate geht wie das Format „Adam sucht Eva – gestrandet im Paradies.“ Zwei Singles kommen sich auf einer Südsee-Insel näher – nackt. Es ist aber auch eine gute Gelegenheit, frischen Wind in die „Castingshows“ zu bringen. „Rising Star“, heißt das Format, auf dem jetzt Hoffnungen ruhen. Casting, interaktiv. Hier kann der Zuschauer per App abstimmen. In der Jury sitzen Anastacia, Sasha und Joy Denalane.

Herzstück der Show ist eine LED-Wand. Noch weiß der Zuschauer nicht, wer dahinter singt. Die Wand fährt erst hoch, wenn ein Kandidat der Castingshow die absolute Mehrheit bekommen hat. „Ein magischer Moment“, schwärmt Sänger. In Israel erreicht die Show einen Marktanteil von bis zu 49,4 Prozent. Alles also eine Frage der Eventisierung.