Von den Spitzenkandidaten erhält man diese Tage interessante Fotos: Im letzten Urlaub vor der Bundestagswahl 2013 entspannt sich Angela Merkel beim Bergsteigen, für Peer Steinbrück ist es Wahlkampf. Die Bilder sollen wohl Symbolcharakter haben.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Das Foto ist eigentlich ein Suchbild. Es zeigt, dass Angela Merkel einen steinigen Weg zu gehen hat. Aber Merkel ist auf den ersten Blick eigentlich gar nicht zu sehen. Dabei trägt sie einen feuermelderroten Anorak. Merkels Mann, Joachim Sauer, der voraus stapft und den Rucksack schleppt, sieht man noch viel weniger. Seine Kluft wirkt wie ein Tarnanzug im Grau der Geröllhalde, die beide durchqueren. Das ist ein mühsames Unterfangen. Aber Mühsal schreckt eine wie Merkel nicht. Sonst dürfte sie nicht Kanzlerin sein. Sie ist sogar eine, die in den Mühseligkeiten dieses Jobs, den schier unbezwingbaren Problembergen, dessen wahren Reiz entdeckt hat. Am besten erhole sie sich während und dank ihrer Arbeit, hat Merkel unlängst in einem Interview verraten.

 

Im Moment erholt sie sich in Südtirol – von der Arbeit. Ganz ohne Mühen geht es auch dabei nicht zu. Davon erzählt das Suchbild, welches auf dem Weg zum „Hinteren Schöneck“ entstanden ist. Bei der Bergtour handle es sich wohl um eine Art Training für den Wahlkampf, spekuliert die Boulevardpresse („Dieser Weg wird kein leichter sein…“). Das Hintere Schöneck ist ein Gipfel im Ortlermassiv, hoch über Sulden, wo die Kanzlerin seit Jahren ihren Sommerurlaub verbringt. Bis zum Gipfelkreuz gilt es immerhin, 3128 Höhenmeter zu erklimmen. Die Tour, so haben Kraxelexperten im Internet vermerkt, sei „für Ungeübte schwierig“. Für den Aufstieg benötige man Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Aber die Kanzlerin hat natürlich einen Bergführer dabei.

Merkel scheint im Moment ungefährdet

Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind auch in ihrem eigentlichen Geschäft von Nutzen, wo sie sich nicht auf die kundige Führung anderer verlassen kann. Zudem ist die Absturzgefahr dort unter Umständen größer als in den Bergen Südtirols. Merkel scheint im Moment ungefährdet. Den SPD-Mann Peer Steinbrück, der ihr das Kanzleramt streitig machen will, hat sie weit unter sich gelassen. Das kann man sogar exakt angeben: Auch Steinbrück gibt im Wahlkampf den Aufsteiger. Kürzlich hat er mit einer Schar von Journalisten und Genossen im Tross den Lusen bestiegen. Das ist der dritthöchste Berg im Bayerischen Wald, knapp halb so hoch wie Merkels Ausflugsziel. Die beiden Kontrahenten trennen auf dem Gipfel ihrer alpinistischen Bemühungen noch 1755 Höhenmeter – fast wie im richtigen Leben.

Interessant ist auch die Perspektive der Fotos, die von diesen Extratouren der aktuell wichtigsten beiden Politiker Deutschlands überliefert sind. Merkel ist nur als ferne Figur durch ein Teleobjektiv auf ihrem Weg nach oben zu erkennen, Steinbrück posiert mit Panamahut vor dem Gipfelkreuz. Vielleicht drückt sich darin auch ein unterschiedliches Verständnis von politischer Inszenierung aus. Dann ließe sich mit dem beschriebenen Suchbild tatsächlich etwas herausfinden.