Am Samstag findet in Silverstone das Qualifying der Formel 1 erstmals als Sprintrennen über 100 km statt. Das ist nur eine Idee in der Historie der Jagd auf die Pole-Position.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Stuttgart/Silverstone - Sebastian Vettel eignet sich nicht als Werbeträger für das neue Qualifying-Format. Am Samstag (17.30 Uhr) betritt die Formel 1 in Silverstone Neuland, erstmals wird in einem Sprintrennen die Startaufstellung für den Grand Prix am Sonntag ermittelt. Action und Unterhaltung soll dieser Testlauf bringen – die Piloten sind aber ziemlich skeptisch. „Wir müssen jetzt mal sehen, ob der Sprint den Leuten gefällt“, sagt Aston-Martin-Pilot Vettel. Als erstmals die Idee zu diesen Kurz-Rennen aufkam, hatte Vettel noch deutliche Kritik geübt: „Mittlerweile bin ich offen, es ändert sich ja sowieso nicht mehr, egal, was wir denken.“

 

Über 100 Kilometer (17 Runden) kämpfen die Fahrer 30 Minuten lang um den Sieg und die besten Plätze, sie müssen dabei anders als im Grand Prix keine Rücksicht auf den Reifenverschleiß nehmen: Vollgas statt Schongang, so die Idee. Zudem findet schon am Freitag das übliche Qualifying für den Sprint statt, damit gibt es an jedem der drei Renntage echten Wettbewerb. Im Sprint haben die Fahrer sehr viel zu verlieren – wer ausfällt, startet am Sonntag von ganz hinten. Der Wagemut der Fahrer dürfte sich daher in Grenzen halten. Der Motorsport und die Formel 1 hatte in ihrer Geschichte schon mehrere Qualifying-Formate, darunter waren Tops und Flops. Wir stellen sie kurz vor.

Auf Los geht’s los

Die ersten Wettfahrten im Motorsport wurden wie ein Zeitfahren bei der Tour de France oder der Prozedur bei Rallyes abgehalten – die Fahrer gingen zeitversetzt hintereinander ins Rennen. 1922 erfolgte die große Revolution beim Grand Prix in Frankreich, die Autos gingen in einem Massenstart ins Rennen. Allerdings nicht stehend, sondern in einem fliegenden Start wie heute beim Restart nach einer Safety-Car-Phase. Die Aufstellung war reine Glückssache: Es wurde gelost, wer an welche Position ins Rennen gehen durfte.

Das Training zählt

Elf Jahre regierte der Zufall, dann folgte die nächste massive Regeländerung. Beim Großen preis von Monaco 1933 wurden erstmals die besten Trainingszeiten für die Startreihenfolge herangezogen – und das kam bei den beteiligten bestens an. Das System blieb 62 Jahre lang unverändert. Es gab ein Training am Freitag, eines am Samstag, und die beste Runde zählte für die Startposition. Ein Nachteil aber blieb: War die Strecke am Samstag nass, am Freitag zuvor aber trocken, war von vornherein klar, dass die Zeiten nicht mehr verbessert werden konnten. Mitunter wurden die Samstage zu Langweilern.

Freitag ist frei

1996 folgte die nächste Qualifying-Novelle in der Formel 1. Das Training am Freitag war frei, Teams und Fahrer konnten nun an den Abstimmungen feilen und ausprobieren. Das Abschlusstraining am Samstag war nun die Jagd auf die Pole-Position. 60 Minuten hatten die Piloten Zeit, eine schnelle Runde hinzulegen, sie durften aber maximal zwölf Runden zurücklegen. Weil die Strecke (sofern es trocken war) gegen Ende mehr Haftung besaß, weil viel Gummi auf dem Asphalt klebte, waren die ersten 30 Minuten häufig sehr eintönig – dafür wurde es zum Ende hin extrem spannend, weilviel Verkehr herrschte.

Die Solo-Fahrten

Aufgrund der langweilen halben Stunde wurden von 2003 an die Startplätze im Einzelzeitfahren vergeben. Jeder Fahrer hatte nur eine schnelle Runde, der einzige Schuss musste also mitten ins Schwarze. Das Prozedere war ein wenig kompliziert. Am Freitag gingen die Piloten in der Reihenfolge des WM-Standes auf die Piste, was bedeutete: Der WM-Primus hatte den schlechtesten Bedingungen. Gemäß der Freitagszeiten ging es am Samstag in umgekehrter Reihenfolge auf die Strecke – der Schnellste zum Schluss. Wer dann der Schnellste war, startete am Sonntag auf der Pole.

Mehr Betrieb ist besser

Die Solofahrten überzeugten nicht, es gab wenig Spannungsmomente. 2006 wurde deshalb das Format eingeführt, das aktuell in seinen Grundzügen noch immer gilt. Es gibt drei Qualifying-Abschnitte, in jedem Segment scheiden die fünf langsamsten Piloten aus. Im sogenannten Q3 geht es mit den Top Ten dann um die Jagd auf die Pole-Position.

Der größte Flop

2016 sollte eine neue regel das Qualifying noch spektakulärer machen. Es gab keine drei Abschnitte, in bestimmten Zeitabständen sollte jeweils der langsamste Fahrer ausscheiden. Doch dieses Format wurde weder von den Fans noch von den Fahrern angenommen, weil noch wenige passierte als zuvor. Schon nach zwei Großen Preisen wurde diese Neuerung zum Altpapier sortiert.

Der Sprint als Show

In dieser Saison wurden nun drei Sprintrennen über 100 Kilometer als Quali-Format eingeführt. Es soll zunächst drei Versuche geben, dann will die Formel 1 entscheiden, ob das Sprintrennen eine Zukunft hat.