Der Tod der Queen vollzieht sich nach einem genauen Protokoll, das sie selbst zu Lebzeiten mit geplant hat. Darin wird sogar die Kleiderordnung der BBC-Kommentatoren geregelt.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Mit Elizabeth II. ist nicht einfach eine Königin gestorben, sondern der Souverän des Landes. Deswegen ist ihr Tod nicht nur ein familiärer Trauerfall, sondern ein Staats- und Verfassungsakt – und wie stets auf den Britischen Inseln vollzieht sich dies in genau festgelegten Ritualen und Zeremonien. „The Queen is dead. Long live the King“: Für die Öffentlichkeit muss ganz wie noch im Mittelalter der rechtmäßige Übergang von Elizabeth zu ihrem ältesten Sohn Charles zelebriert werden. Deswegen hat Elizabeth II. selbst den exakten Ablauf der kommenden Tage mit festgelegt und abgesegnet. Der Codename dafür lautet: „London Bridge is down“, London Bridge ist zerstört.

 

Im Grunde begann das Ritual bereits am Donnerstagmittag. Da die Pressestelle von Buckingham Palace grundsätzlich nie offizielle Informationen über die Gesundheit der Queen gibt, war die bloße Mitteilung, die Ärzte seien besorgt über den Zustand der Königin, die sich nun auf Schloss Balmoral in ihrer Obhut befände, bereits das entscheidende Signal. Bereits wenige Minuten später informierte der Speaker in laufender Sitzung die Abgeordneten des britischen Unterhauses; es ist eines der drei Verfassungsorgane des Landes: Königin, Ober- und Unterhaus.

Die Monarchin starb im Beisein ihrer Familie, insbesondere des Prinzen von Wales. Nachdem ihr Leibarzt den Tod festgestellt und den Anwesenden verkündet hat, war Charles automatisch König von England, und die Anwesenden küssten ihm als Zeichen der Anerkennung die Hand.

Unmittelbar danach wurde keineswegs die Öffentlichkeit unterrichtet, sondern die Premierministerin von England sowie die Regierungschefs aller Länder, deren Königin Elizabeth ebenfalls war (also zum Beispiel Kanadas und Australiens). Es folgten die 36 Staats- oder Regierungschefs des British Commonwealth sowie die britischen Botschafter in aller Welt.

Und erst dann folgte die Öffentlichkeit – für die BBC galt die Kleiderordnung, dass alle Moderatoren schwarze Kleidung tragen müssen. Zunächst wurde für mehrere Minuten als Standbild das Wappen der Familie Windsor gezeigt; danach erklang die britische Hymne, die nun aber erstmals nicht mehr „God save the Queen“ lautete, sondern „God save the King“.

Es folgt nun eine Trauerwoche, durchnummeriert mit „D-Day“, „D+1“, „D+2“ und so weiter – wobei Elizabeth II. zunächst der Hauptstadt London fernbleiben wird. Weil sie in Balmoral gestorben ist, starb sie laut Protokoll zwar auch als Königin von England, vorrangig aber als Königin der Schotten. Die ersten drei Tage wird sie darum in der kleinsten ihrer Residenzen aufgebahrt, im Holyroodhouse in Edinburgh. Es folgt ein eigener Trauerakt in Schottland. König Charles wird in dieser Zeit alle vier Teilreiche England, Wales, Schottland und Nordirland bereisen, um sich als neuer Monarch zu präsentieren; auch dies letztlich ein Ritual aus mittelalterlicher Zeit. Seine eigentliche Krönung in Westminster wird wohl erst 2023 sein.

Über die Dimension der Trauerfeier in London am Ende dieser Woche kann man derzeit nur spekulieren – sie wird vermutlich Staatsgäste aus aller Welt, vor allem aber Millionen Briten anziehen. Auch dies dann ein Ereignis von historischem Rang.