Die Alternative für Deutschland ist in den westdeutschen Flächenstaaten angekommen. Und sie sieht weiteres Potenzial für ihr Wachsen.

Berlin - Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry lässt sich an diesem Abend Zeit. Knapp eine Stunde nach der ersten Hochrechnung erscheint sie in einem Hotel im Berliner Bezirk Lichtenberg, wo die Bundespartei den Wahlsieg feiert. Petry hat schon unzählige Fernsehinterviews hinter sich. Dass die Alternative für Deutschland (AfD) in den drei Bundesländern auf dem zweiten und dritten Platz landet, ist eine Überraschung. Dass die Partei dies auch als Petrys Triumph sieht, wird an diesem Abend schnell deutlich: Als die Vorsitzende den Saal betritt, setzt rhythmisches Klatschen ein, „Frauke“-Rufe werden laut. Die AfD-Vorsitzende, die auch intern wegen ihrer Äußerung vom Waffeneinsatz gegen Flüchtlinge kritisiert worden ist, hat gezeigt, dass sie Wahlen gewinnen kann.

 

Wichtig sind für die Partei vor allem das gute Abschneiden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. „Die AfD ist keine Ostpartei mehr, sie ist angekommen in den westdeutschen Flächenländern“, ruft die Europaabgeordnete Beatrix von Storch den begeisterten Anhängern zu. Dass die Rechtspopulisten im Osten zweistellige Ergebnisse erringen können, haben sie schon mehrfach bewiesen. In den neuen Ländern ist die Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien groß. Wenn die AfD es aber auch im Südwesten aus dem Stand auf ein zweistelliges Ergebnis bringt, gibt das Auftrieb. Für Petry ist nun ein Nachweis erbracht: „Wir sind die gesamtdeutsche Partei, von der wir immer gesprochen haben“, sagt sie vor den Anhängern in Berlin. In der Euphorie des Erfolgs legt sie die Messlatte sogar noch höher. Wären die „Diffamierungskampagnen der Medien“ nicht gewesen, so Petry, wäre ein Wahlergebnis von 30 Prozent möglich gewesen. Das Wählerpotenzial für die AfD sieht Petry tatsächlich bei 30 Prozent. Damit knüpft sie an das an, was vor zweieinhalb Jahren der frühere Vorsitzende Bernd Lucke gesagt hatte, der die Partei im Streit verließ. Das Ziel lautet, die AfD zur Volkspartei zu machen.

Die AfD will verstärkt auch Liberale ansprechen

Ob das gelingt, ist aber offen. Denn nach wie vor ist die Mitgliederbasis nicht groß. Rund 20 000 Mitglieder zählt die AfD, die Volksparteien CDU und SPD bringen es auf ein Vielfaches. Auch wenn die Mitgliedschaft der 2013 gegründete Partei nach eigenen Angaben um 800 Personen pro Monat wächst, ist es bis zur Volkspartei noch ein weiter Weg. „Das ist eine Leistung des kleinen Zwergs“, freut sich Albrecht Glaser, der dem AfD-Bundesvorstand angehört. Der David im politischen Parteiensystem will es Goliath zeigen.

Für Glaser, der früher einmal der CDU angehörte und als Stadtkämmerer in Frankfurt tätig war, ist gerade das gute Abschneiden in Baden-Württemberg besonders wichtig. „Der liberale Südwesten ist für uns ein aufregendes Gelände“, meint Glaser. Die AfD setze darauf, dass sie mit dem neuen Parteiprogramm auch die liberalen Wähler anspricht. Die AfD will beispielsweise mit einem einfachen Steuersystem überzeugen. Doch noch steht das Parteiprogramm nicht. Auf dem Bundesparteitag, der Ende April in Stuttgart stattfinden wird, soll über das neue Programm diskutiert werden. In der Vergangenheit endeten solche Debatte schnell im Chaos. Das soll dieses Mal anders werden.

Die hohe Wahlbeteiligung reklamiert Petry als AfD-Erfolg

Dass die AfD-Anhänger vor allem der Protest gegen den Euro und die Flüchtlingspolitik eint, wird auch an diesem Wahlabend deutlich. Als die Führung vor den Anhängern spricht, skandieren die Anhänger „Merkel muss weg“. Die AfD ist immer noch eine Partei, die dagegen ist. Wofür sie steht, muss sie nun in den Landtagen beweisen.

Geschickt versucht Petry, die gestiegene Wahlbeteiligung in den drei Bundesländern als Erfolg der AfD umzumünzen. „Das ist ein guter Tag für die Demokratie“, sagt Petry und verweist auf die gestiegene Zahl derer, die ihre Stimme abgaben. Die AfD bemühe sich seit ihrer Gründung darum, die Menschen an die Wahlurnen zurückzubringen, so Petry. In Berlin spricht sie davon, dass die AfD den Menschen das Gefühl des Zusammenhalts gebe. Vereint gegen die etablierten Parteien, lautet das Motto. Als Petry in Berlin-Lichtenberg ankommt, zeigt sich, dass die Partei auf dem Weg zur Professionalisierung vorangekommen ist. Es gibt inzwischen sogar eigene Sicherheitsleute, die Petry schützen. „Das Paket ist angekommen“, sagt ein Sicherheitsmann in sein Mikrofon. Mit dem Paket ist Petry gemeint.