Die riesigen 360-Grad-Bilder von Louis Braun Virtual Reality im Kaiserreich

Seine bis zu 120 Meter langen Panoramagemälde waren Kunstspektakel, die Hunderttausende anlockten – und ihn schwerreich machten. Eine Ausstellung in seiner Heimatstadt Schwäbisch Hall erinnert an den Maler Louis Braun, der vor hundert Jahren starb.
Schwäbisch Hall - Er kann nicht nur draufhauen, niedermetzeln, abfackeln. Er muss nicht alles ins Monströse hebeln. Es gibt auch zart kolorierte Aquarelle von ihm. Wie aufs Papier gehauchte Bleistiftzeichnungen. Behutsam inszenierte Alltagsmotive: Seine Frau Marie beim Gutslebacken mit den Söhnen Dolfi und Beb (der später drei Olympia-Medaillen gewinnt). Familienidylle in der Sommerfrische Oberbayerns. Die Töchter in Kostümchen. Bauern auf Tanzböden in seiner Heimatstadt Schwäbisch Hall, wo die kleinformatigen Sentimentalitäten jetzt ausgestellt sind.
Zum 360-Grad-Schlachtenpanorama
Berühmt wird Louis Braun durch seine riesigen Schlachtenbilder. So lebendig gemalt, dass dem Betrachter förmlich Schießpulverschwaden in die Nase steigen und die heranpreschende Kavallerie schier den Boden vibrieren lässt. Vom Feldherrnhügel aus kann Braun den Gefechten wie einer Opernaufführung beiwohnen und seine Momentaufnahmen skizzieren. Während die Soldaten krepieren, hat er auch ein Auge für die glänzenden Bajonette, prachtvollen Standarten und rassigen Pferde mit schäumenden Flanken.
Auf den Schlachtfeldern sammelt er den unglaublichen Fundus für seine späteren Monumental-Gemälde: 360-Grad-Breitbild-Spektakel auf bis zu 120 Meter langen und 15 Meter hohen Leinwänden. Ein frühes Virtual-Reality-Kino mit Spezialeffekten, das oft mehr als 200 000 Besucher anlockt. Und Louis Braun führt Regie. Der Roland Emmerich der Kaiserzeit.
Er kommt 1836 in Schwäbisch Hall zur Welt. Sein Vater hat im württembergischen Heer Karriere gemacht und an sieben Feldzügen im Napoleonischen Krieg teilgenommen. Als Zivilist setzt man den hochdekorierten Hauptmann auf einen wenig abenteuerlichen Steuereinnehmer-Posten in der Oberamtsstadt Hall. Seine Passion gehört dem Militär. Er gibt sie an Louis weiter.
„Elternlos in die Welt gestellt“
Als Louis neun ist, stirbt der Vater. Der erstgeborene Sohn Reinhold übernimmt die Familienverantwortung. 1852 stirbt die Mutter. Louis leidet sehr: „Ich war ein armer Teufel, elternlos in die Welt geworfen“, schreibt er später. Reinhold, inzwischen Kunstmaler in Stuttgart, nimmt ihn unter seine Fittiche. Louis’ Talent führt ihn in die Stuttgarter Kunstgewerbeschule und nach Paris, wo er beim berühmten Historienmaler Horace Vernet in die Lehre geht. Bald ist er selbst ein Meister. Als 1870 der Deutsch-Französische Krieg ausbricht, schicken ihn die Leipziger Illustrierte Zeitung und der König von Württemberg als Bildberichterstatter an die Front.
1879 malt er das erste Panorama: die Schlacht von Sedan auf 2000 Quadratmetern. Ein holländischer Unternehmer gründet für die Schau eigens eine Kapitalgesellschaft, Finanzier ist das Frankfurter Bankhaus Erlanger und Söhne. Braun bekommt 50 000 Mark Honorar, eine unfassbar hohe Summe damals. Auch für die Investoren ist Sedan eine Goldgrube. Panoramabilder werden zu Spekulationsobjekten. Sobald eine Spielstätte unter 20 000 Besucher im Monat rutscht, zieht der Zirkus weiter. Braun fällt ins Rundbild-Fieber: Zwischen 1880 und 1894 malt er acht Stück.
Wie geht der Künstler vor? Er paust einzelne Skizzen auf transparentes Papier und puzzelt sich so einen großen Entwurf zusammen. Dann legt er ein Raster über die Zeichnung, fotografiert jedes einzelne Feld und wirft es mit einer Camera obscura zehnfach vergrößert auf die Riesenleinwand. Ein Dutzend Gehilfen zeichnen die Linien nach. Dann legt Braun wieder Hand an.
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