Nicolas Sarkozy verpasst die Geburt seiner Tochter, von der es - das ist der Wunsch der Mutter - keine Fotos geben soll.  

Paris - Alle freuen sich, jeder auf seine Weise. Das Baby brüllt, der Staatschef zwitschert, der Verteidigungsminister doziert, die Opposition frohlockt, das Volk jubelt. Am Mittwoch zwischen 19 und 19.30 Uhr hatte Frankreichs Première Dame in einer Pariser Privatklinik das erste Präsidentenbaby in der Geschichte des Landes zur Welt gebracht. Ein Mädchen namens Giulia, wie Carla Bruni auf ihrer Website bekannt gibt. Und so entschlossen die Eltern das frohe Ereignis auch zur Privatsache erklärt haben: allseits bricht sich die Freude Bahn.

 

Da ist zunächst die Lebensfreude des laut gewöhnlich schlecht unterrichteten Regenbogenpressekreisen Daliah heißenden, vor einer Woche als Leopold oder auch Vladim angekündigten Säuglings. Seine Stimmkraft, versichern die Klinik von La Muette umstellende Paparazzi, sei beeindruckend. Nicolas Sarkozy, der stolze Vater, der nach drei Söhnen von zwei Ex-Gattinnen nun noch eine Tochter hat, twittert am Donnerstag staatstragend: "Carla Bruni-Sarkozy, die Ehefrau des Staatschefs, hat am Mittwochabend ein kleines Mädchen zur Welt gebracht." Offensiver äußert sich der Verteidigungsminister. "Sarkozy ist sehr glücklich, ein Präsident, der sich wohlfühlt in seiner Haut, ist ein Geschenk für unser Land", verkündet Gérard Longuet. Am ausgelassensten wirkt aber Ségolène Royal. Die schillernde Politikerin, die 2007 gern Präsidentin geworden wäre, sieht die Chance, Sarkozy aus dem Élysée-Palast zu vertreiben. Einen fünfjährigen Vaterschaftsurlaub empfiehlt die Sozialistin dem Staatschef. Und das Volk?

In die Freude mischt sich Erleichterung

Es schwelgt mangels Fotos, die es nicht gibt und nach Angaben der Mutter zum Wohl des Kindes auch nicht geben wird, in Fantasien. Alles scheint möglich, sogar, dass das Präsidentenbaby bereits der siebtmilliardste Erdenbürger ist, der laut Auskunft der Vereinten Nationen eigentlich erst Ende Oktober zu erwarten ist.

In die Freude mischt sich Erleichterung. Der Geburt war ein Drama vorausgegangen. Nicht, dass die Entbindung medizinische Probleme aufgeworfen hätte. Sicherlich ist so eine späte Geburt nicht ohne Risiken. Demnächst feiert die Mutter 44. Geburtstag. Doch aus ärztlicher Sicht ging alles gut. Nein, der Vater war es, der ungeahnte Qualen ausstehen musste. Er hatte die Gattin am Mittwochnachmittag sich selbst und den Ärzten zu überlassen. Nach Frankfurt musste Sarkozy jetten und versuchen, beim Krisengipfel mit der Kanzlerin den Euro, Europa, ja die Welt zu retten.

16.30 Uhr ist es, als Sarkozy die in den Wehen liegende Gattin verlässt. Nur eine halbe Stunde war er bei ihr. Auf dem Weg zum Flughafen dürften sich die Gesichtszüge verhärtet, der coole Krisenmanager über den bangenden Gatten die Oberhand gewonnen haben. Vielleicht hat er in diesem Augenblick auch verstanden, wieso alle Präsidenten vor ihm während der Amtszeit auf Nachwuchs verzichtet haben. Am späten Abend kehrt Sarkozy in die Klinik zurück. Diesmal bleibt er 75 Minuten.

Mutter und Kind sind wohlauf

Aber das Baby ist nun da, Mutter und Kind sind wohlauf, das allein zählt. Stimmungstöter mögen Hochrechnungen anstellen und prophezeien, wenn das Mädchen in die Pubertät komme, müsse der heute 56-Jährige als tattriger Rentner dagegenhalten. Noch ist es nicht so weit.

Und haben der Staatschef und seine Frau nicht bewiesen, dass sie im Alter flexibel, dass sie lernfähig sind? Diesmal schirmen sie ihr Privatleben konsequent ab. Carla Brunis Sohn Aurelien hatte im Jordanienurlaub auf Sarkozys Schulter thronend dem Blitzlichtgewitter der Fotografen trotzen müssen. Das Schwesterchen Giulia darf im zum Hochsicherheitstrakt aufgerüsteten Klinik ungestört vor sich hinträumen.

Eine wahre Löwenmutter scheint diese Carla Bruni geworden zu sein. Eine Armada von Anwälten hat sie engagiert, die respektlose Babyfotos suchende Fotografen und Journalisten eines Besseren belehren soll. Womöglich macht sie noch wett, was das Volk beim ungestümen, hemdsärmeligen Papa vermisst, der zum in Krisenzeiten ersehnten Landesvater beim besten Willen nicht recht taugt. Mit 24 Prozent Zustimmung ist Sarkozy zurzeit der unbeliebteste französische Präsident aller Zeiten. Aber wenn die Gattin als Mustermama, als Mutter der Nation in die Bresche springt, ist noch nicht alles verloren.

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