Mit der bislang längsten „Simpsons“-Folge überhaupt startet Pro 7 ins neue Jahr. „Der große Phatsby“ knöpft sich lustvoll die Alt- und Neureichen vor. Besonders die Rap-Millionäre bekommen Saures.
Springfield - Wer begrüßt die Gäste einer groß angekündigten Jahrhundertsause mit folgender Aufforderung zur Maßlosigkeit? „Lasst allle Eure Hemmungen an der Tür zurück. Aber markiert Eure Papptrinkbecher, niemand bekommt einen zweiten!“ Regelmäßige „Simpsons“-Seher wissen, wer zu solch großmäuliger Knauserigkeit fähig ist: der schwerreiche Mr. Burns, der Atomkraftwerksbesitzer des fiktiven Springfield, das mittlerweile nach New York und Los Angeles weltweit der bekannteste Ort der USA sein dürfte. Chicago, New Orleans und San Francisco haben Blues, Jazz und Blumenkinder zu bieten, aber keine Simpsons.
Burns hat etwas am Leben auszusetzen, das man der Animationsserie „Die Simpsons“ noch immer nicht vorwerfen kann: Er meint sich zu erinnern, dass es früher spaßiger gewesen sei. Also organisiert er die große Wilde-Zwanziger-Fete, die dank seiner Knickerigkeit zum Desaster wird. Schlimmer noch: Burns sieht in der Nachbarschaft, wie protzig die Megareichen des neuen Jazz Age schwofen, die Rap-Könige.
Keine Angst vorm alten Gatsby
Dass die Folge „Der große Phatsby“ im Titel auf „Der große Gatsby“ von Scott F. Fitzgerald anspielt, sollte niemanden abschrecken, der den Roman nicht kennt. Zwar gibt es clevere Bezüge zum Klassiker von 1925, aber vor allem ist dies eine frische, schonungslose Abrechnung mit den Alt- und Neureichen unserer Gegenwart. Dass es das bislang längste TV-Abenteuer der Simpsons wurde, war gar nicht geplant. Aber beim Lesedurchlauf der ersten Drehbuchfassung hatten alle im Team so viel Spaß, dass die Idee zur Langfolge aufkam. 43 Minuten dauert das Ganze nun.
Dass Pro 7 „The Great Phatsby“ zum Jahresauftakt präsentiert, hat aber nicht nur mit der besonderen Länge zu tun. Auch 2018, das ist jetzt schon gewiss, wird maßgeblich von Donald Trump bestimmt werden, und in dessen Politik und Persönlichkeit haben sich die „Simpsons“-Autoren aufs Vergnüglichste verbissen. Die gerade in den USA laufende 29. Staffel der Serie liegt in Sachen ätzender Politsatire Kopf an Kopf mit einschlägigen Late-Show-Giftlern wie Stephen Colbert, und das will etwas heißen.
Böser Blick auf die Bestverdiener
Trumps Politik rückt die Reichen ins Zentrum. Wenn es ihnen nur gut gehe, würden sie den Rest des Landes schon mitziehen, lautet die Philosophie. Also schaut sich „The Great Phatsby“ die Reichen mal genauer an. Die Folge spielt in den Hamptons, jenem Zipfel Long Islands, der zum Sommerpalast-Reservat der Eliten mutiert ist. Der weiße Geldadel wird zwar auch böse vorgeführt, am fiesesten in Gestalt eines blasierten Milliardärssöhnchens, mit dem Lisa aneinander gerät. Aber das Hauptaugenmerk gilt den Rappern, jenen Bestverdienern, die den Traum vom Blitzaufstieg aus der Unterschicht noch verwirklichen.
Dass auch von ihnen nichts zu erhoffen ist, keine Solidarität mit den Armen, kein Impuls zur Gesellschaftsveränderung, dass sie trotz anderer Kleiderordnung die schlimmsten Übel der alten Giergesellschaft übernehmen, wird deutlich gezeigt.
Wer die Reichen bremsen kann
Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, wer da „Simpsons“-üblich bei der eigenen Abwatschung mitmacht. Die Rapper Snoop Dogg, Common und RZA standen für ihre Karikaturen im Original im Tonstudio. Die Schauspielerin Taraji P. Henson gibt eine Cartoon-Variante ihrer Figur Cookie Lyon aus der’ TV-Serie „Empire“, die ebenfalls vom Rap-Geschäft erzählt.
Jay G, der Obermotz der Szene, bringt Mr. Burns das hemmungslose Geldausgeben bei. Das hält dann nicht einmal das Konto von Burns aus. Traurige Lektion: Nur noch die Superreichen können die Superreichen bremsen.
Erstausstrahlung: Pro 7, 2. Januar 2018, 20.15 Uhr