Die Adresse war eine feste Größe: Menzelstraße 92. Wohn- und Arbeitsort für den 1998 gestorbenen Gestalter, Maler und Fotografen Anton Stankowski. Hier wurde erdacht und diskutiert – gingen Leben und Arbeit so selbstverständlich ineinander über wie die Kunstformen Stankowskis.
Nach dem Tod von „Stanko“, der mit seine größten Erfolge mit dem Erscheinungsbild der Olympischen Spiele von München 1972 und mit dem weltweit präsenten Zeichen der Deutschen Bank feierte, wurde das schmale Haus am Ende einer Sackgasse zum Sitz der 1983 gegründeten Stankowski-Stiftung. Von der Menzelstraße aus wurde die Aufarbeitung des Gesamtwerkes betrieben, dort wurde die Grundlage für wichtige Ausstellungen geschaffen.
Ein Museumskleinod aber, das war früh klar, konnte das Haus nicht werden – umso weniger, als sich Fragen einer grundlegenden Sanierung stellten. Um handlungsfähig zu bleiben, blieb den Stiftungsverantwortlichen nur der inzwischen abgeschlossene Verkauf des Gebäudes. „Ein schwerer Schritt“, wie Gerlinde Röbel, bis 2024 eine prägende Persönlichkeit in der Stiftung, schon bei der Ankündigung des Verkaufs sagte. „Mit einem weinenden Auge“, sagt Geschäftsführerin Katharina Roller, „nehmen wir nun Abschied von der Menzelstraße. Wir sind aber froh, dass wir eine junge Familie als Käufer gefunden haben, die das Haus sicher mit Leben erfüllen wird“.
Und die Stiftung? „Wir haben uns entschieden, die Arbeit an unserem Depotstandort in Stuttgart-Feuerbach zu bündeln“, sagt Roller. Zavelsteinstraße 2 ist die neue Adresse der Stankowski-Stiftung, ein Hinterhaus der Depot-Adresse Kapfenburgstraße 33. Zwei Arbeitsplätze sind dort eingerichtet. „Es ist ein neuer Antritt“, sagt Katharina Roller. Dieser kommt in einem Moment, da die konkret-konstruktive Kunst wieder in das Scheinwerferlicht des Kunstmarktes gerät.
Stankowski-Raum für das Kunstmuseum
Gefragt ist die Stankowski-Stiftung zuvorderst als Kompetenzpartner und Leihgeber für Ausstellungen. Aktuell etwa für die Ausstellung „,Das Quadrat muss den Raum beherrschen!’ – Aurélie Nemours und Zeitgenossen“ im Kunstmuseum Reutlingen konkret. Und schon jetzt steigt die Vorfreude auf einen Raum mit Werken Stankowskis im Rahmen der Jubiläumsausstellung „Doppelkäseplatte – 20 Jahre Kunstmuseum Stuttgart“, die am 8. März eröffnet wird. 2022 hatte die Stankowski-Stiftung dem Kunstmuseum mehr als 160 Arbeiten geschenkt. Am 26. Juni dann eröffnet die Galerie Schlichtenmaier in Stuttgart (Kleiner Schlossplatz 11) eine Stankowski-Einzelausstellung.
„In enger Abstimmung mit dem Stiftungsrat“ besonders am Herzen liegt Katharina Roller bei allen aktuellen Impulsen die langfristige Positionierung des Werkes. So sind neben der Schenkung an das Kunstmuseum Stuttgart Stankowskis Skizzenbücher in der Kunstbibliothek Berlin zu finden, mehrere Gemälde in der Neuen Nationalgalerie in Berlin und ein Konvolut an Bildern und Reliefs im Museum für konkrete Kunst in Ingolstadt. Und die Fotografie, in der Stankowski für die 1920er Jahre als Schrittmacher gilt? „Da sind wir dran“, sagt Roller. 40 Fotos Stankowskis sind von 29. Juni an in der Schau „Die Tugend der Reduktion“ im Fotografie-Forum Monschau (Aachen) zu sehen.
Wohin gehen Stankowskis Fotos?
„Wir freuen uns“, sagt Katharina Roller, und schließt die weiter aktive Gerlinde Röbel mit ein, „dass wir von Feuerbach aus die Stankowski-Impulse setzen können“ – und ergänzt: „Wir werden auch den Preis der Stankowski-Stiftung wieder aufnehmen“.