An Unbeschwertheit im Viererpack arbeiten die Rikas seit ihren Schultagen. Freundschaft und Erfahrung zahlen sich nun aus. Die Musik der Band auf ihrer ersten CD „Showtime“ klingt ausgereift, ausgebufft und organisch.

Stuttgart - Der Rock‘n‘Roll ist in der Vorstadt angekommen, unterwandert die Beschaulichkeit. Wie hier, in einem Wohngebiet mitten in Korntal. Die Herbstsonne bescheint einen Garten samt ansprechend zugewachsenem Haus. Darin: Sehr viele Bücher, CDs – Klassik, Jazz und Blues meist –, Instrumente, ein Kamin, vor dem sich dekorativ ein Hund breitgemacht hat.

 

Komfortables Hauptquartier

Nicht irgendein Hund, wohlgemerkt. Hier fläzt Rika, die Namensgeberin jener erstaunlichen Stuttgarter Band, die in den letzten paar Jahren mit vierstimmigem Gesang, sonnenverwöhnten Harmonien, saftigem Funk und verträumter Pop-Stimmung eine Metamorphose von der Schülerband zum ausgewachsenen Phänomen vollzog. Ihr neues Album „Showtime“ erscheint zumindest bei Sony.

Eine Erfolgsgeschichte, ganz klar. Und eine, die in diesem beschaulichen Wohngebiet vor den Toren der Stadt begann. Hier wächst Ferdinand Hübner auf. Als Sohn eines Musikerehepaares, das seinem Jungen und dessen drei Freunden die Hoheit über Untergeschoss und Schuppen überlassen hat. Hier proben sie, schreiben Songs, planen, trinken auch mal ein Bier zusammen. Verglichen mit den unzähligen WGs, in denen Musiker darbend und auf engstem Raum zusammenleben, ist das ein Hauptquartier der äußerst komfortablen Sorte.

Korntal statt Australien

Wie komfortabel, sieht man daran, dass bei den Rikas schon mal ein Song wie „Tortellini Tuesday“ über allwöchentliche Speiserituale entstehen kann. Es muss eben nicht immer die schwere Kost sein. Die Bedeutsamkeit der Leichtigkeit, das ist schon eher ihrs. „Mein ehemaliges Kinderzimmer ist heute unserer Proberaum, das ist schon toll“, so Ferdinand Hübner, „auch oder vielleicht sogar weil da natürlich jede Menge Erinnerungen in den Wänden stecken.“

Alle vier Rikas singen und spielen Instrumente, alle vier Rikas sind in Korntal aufgewachsen und zur Schule gegangen. Sie haben so früh angefangen, miteinander Musik zu machen, dass ihr erster Bandname nach Adoleszenz klingt: Too Young to Shave, eine Punkband vierer junger Kerle, die eigentlich schon damals wussten, was sie wollten. Deshalb lebten sie sich auch nicht auseinander. Nach dem Abitur entschied man, es weiterhin zusammen mit Musik zu versuchen – und nicht etwa ein Jahr nach Australien abzuhauen wie so viele andere. „Pläne hatten wir schon“, grinst Sascha Scherer, „aber wir entschieden uns alle für die Band.“

Zwischen Kitsch und Ernsthaftigkeit

Mit „Showtime“ veröffentlichen sie nun ein Debüt, das nach über zehn Jahren Zusammenspielens so ausgereift, ausgebufft und organisch klingt wie wenige Erstlinge. Aus dem College Punk der Anfangsjahre wurde ein verführerischer, ziemlich duftender Cocktail, in den die vier Rikas munter alles werfen, was sie geprägt hat, was ihnen gefällt, worauf sie Lust haben und was sie immer schon mal machen wollten. „Diesmal hat uns vor allem der Soul geprägt“, verrät Ronge. „Stevie Wonder, Michael Jackson, Künstler, die unfassbare Songs geschrieben haben, die dennoch einfach klingen.“ Unterhaltung mit Substanz, das wollen auch die Rikas. „Wir tanzen auf Messers Schneide zwischen Kitsch und Ernsthaftigkeit“, sagt Scherer dazu.

Nach der EP „Swabian Samba“ ist „Showtime“ ein großer Schritt hin zu einem absoluten Trademark-Sound, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird. Sam Baisch weiß: „Hätten wir das schon vor fünf Jahren gemacht, wäre das Album deutlich naiver und wilder geworden. Jetzt klingt es gebündelter.“

Viele kreative Geister

Die vier wirken vertraut, fühlen sich sichtlich wohl in der Gegenwart der anderen. Vor allem aber ist ihre Musik das Produkt vierer kreativer Geister. „Da wird eine schnelle Motown-Nummer im Proberaum urplötzlich zu langsamem Soul“, lacht Baisch. „Jeder von uns tickt anders, davon profitieren wir alle.“

Das Interesse an der Band ist groß, die Erfahrung der Rikas aber auch. Und ihre Lust am Harmoniegesang Marke Bee Gees eh. „Ich weiß gar nicht mehr, wann wir bewusst damit angefangen haben“, so Hübner. „Aber auf der Königstraße kannst du dich eben besser gegen den Lärm durchsetzen, wenn du zu viert singst.“