„Verfehlte Flüchtlingspolitik“: Oskar Lafontaine startet einen parteiinternen Frontalangriff auf die beiden Parteivorsitzenden. Diese bekommen dagegen Rückhalt von den baden-württembergischen Landessprechern.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Ruhe war trügerisch. Wer gedacht hat, die Linkspartei hätte im Bundeswahlkampf nach Jahren des internen Streits zu so etwas wie Geschlossenheit gefunden, sieht sich nun getäuscht. Oskar Lafontaine, Ehemann der Fraktionschefin Sahra Wagenknecht, hat den Graben wieder aufgerissen. Sein Frontalangriff wirkt so, als habe er besonders die Parteiführung aufs Korn genommen.

 

Alarmiert zeigt sich Lafontaine von den Erkenntnissen der Wahlforscher. „Allen Grund nachzudenken“ habe die Linke darüber, dass lediglich elf Prozent der Arbeitslosen und zehn Prozent der Arbeiter sie unterstützt hätten, hat er bei Facebook notiert. Den Schlüssel für diese mangelnde Unterstützung, sieht er in der „verfehlten Flüchtlingspolitik“ auch seiner Partei. Man dürfe die Lasten der Zuwanderung nicht vor allem denen aufbürden, die ohnehin die Verlierer der Ungleichheit sein.

Die Südwest-Linke steht zu der Parole „Helfen statt Hetzen“

In der Tat hatte die AfD 430 000 Stimmen ausgerechnet von der Linkspartei herübergeholt. Doch der Saarländer, dem seine Gegner schon früher ein Blinken in Richtung Rechtspopulismus attestierten, belässt es nicht beim Richtungsstreit – der Altvordere greift die beiden Parteichefs Bernd Riexinger und Katja Kipping direkt an: Sie „finden selbst wenig Zustimmung bei den Wählern“, mosert er mit Verweis auf Landesergebnisse. An der Stelle Riexingers wehren sich nun die baden-württembergischen Landessprecher Heidi Scharf und Dirk Spöri: Die Parole „Helfen statt Hetzen“ sei richtig gewesen, kontern sie. Der Gedanke der Solidarität unter den Beschäftigten und Erwerbslosen, unter Deutschen und Ausländern sei ein Grundprinzip der Arbeiterbewegung gegen jegliche Spaltungsversuche. In Städten wie Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und Karlsruhe trete die Linke besonders scharf gegen Rechts auf. Dies habe sich im Bundestagswahlkampf ausgezahlt.

Immerhin 6,4 Prozent der Zweitstimmen hatten die Genossen im Südwesten geholt – selbst in AfD-Hochburgen gelangen ihr Zugewinne. Auch gemessen am breiten Rückhalt für das Führungsduo manövriert sich Lafontaine weiter ins Abseits. Was das für seine Frau bedeutet, wird die Fraktionsklausur Mitte Oktober zeigen. Nach bisherigem Stand wollen Wagenknecht und Dietmar Bartsch als Fraktionschefs wiedergewählt werden.