Der Fall von Kundus zeigt, wie oberflächlich die Erfolge der Nato in Afghanistan waren. Nun muss man retten, was zu retten ist, meint Dieter Fuchs.

Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Stuttgart - Am Ende des 20 Jahre währenden Afghanistan-Einsatzes stand für den Westen eine letzte nüchterne, brutale Abwägung zur Entscheidung: Wie lange riskieren wir noch die Leben unserer jungen Menschen und unser Geld, um den Menschen in Afghanistan ein Minimum an Sicherheit und Entwicklungsmöglichkeiten zu gewährleisten? US-Präsident Joe Biden hat dies offen formuliert. Es sei klar, dass es nicht mehr gelingen werde, Afghanistan in einer stabile, moderne Demokratie zu verwandeln. Der Ausgang dieser Abwägung ist bekannt, und das Ergebnis steht jetzt deutlich vor Augen: Die Nato ist abgezogen und die Taliban übernehmen wieder die Macht, rücksichtlos, unaufhaltsam. Nur die Geschwindigkeit ihrer Machtübernahme hat viele überrascht, sogar die CIA-Analysten. Ein weiteres Indiz dafür, dass der Westen dieses Land nie verstanden hat. Wir haben nicht mehr als ein Kartenhaus dort errichtet, das jetzt zusammenfällt.