Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will als Arbeitgeber die Attraktivität der Bundeswehr gravierend verbessern. Diese Offensive soll nicht mehr Geld kosten, verspricht von der Leyen dabei.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Berlin - Ihr Vorgänger Thomas de Maizière hat die Bewerber noch mit althergebrachten Werten wie Ehre, Kameradschaft, Pflichtbewusstsein oder Patriotismus anlocken wollen. „Dienen“ sollten die jungen Menschen ihrem Land. Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat jedoch erkannt, dass dies nicht ausreicht, um im verschärften Wettbewerb um den Nachwuchs zu bestehen. Sie will als Arbeitgeber die Attraktivität der Bundeswehr gravierend verbessern.

 

Von allen Seiten gibt es Lob für die Ministerin – Fragen ranken sich allenfalls um die Finanzierung. Von der Leyen zufolge soll die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf kostenneutral erreicht werden. Der Koalitionsvertrag benenne zahlreiche Aufgaben, die keine Mehrausgaben zur Folge hätten. Gemeint ist etwa der Aufbau der Kinderbetreuung, ein möglichst heimatnaher Alltagseinsatz und weniger Versetzungen. Zudem will die Ministerin Lebensarbeitszeitkonten für die vielen Überstunden einführen, die in der Armee Usus sind. Der dadurch entstandene Freizeitausgleich soll zur Betreuung von kleinen Kindern oder zur Pflege alter Eltern genutzt werden. Ferner ist der Ausbau von Teilzeitmodellen anvisiert: Mitte 2012 haben lediglich 786 Soldaten das Recht auf Arbeitszeitverkürzung in Anspruch genommen – im zivilen Teil der Streitkräfte war es jeder Vierte.

Von der Leyen fängt nicht bei null an

Das klingt alles so plausibel, dass man sich fragt: Warum nicht gleich so? Weil die Bundeswehr kein normaler Arbeitgeber ist und Regeln wie in der Wirtschaft in der Truppe unpraktikabel sind? Es gebe „keine Teilzeitkriege und keine familienfreundlichen Militäreinsätze“, lästert die Linkspartei. Von der Leyen erwidert, der Soldatenberuf sei kein Beruf wie jeder andere. Bei Kampfeinsätzen könne es keine Teilzeit geben. „Aber im Grundbetrieb müssen die Rahmenbedingungen optimal sein.“

Die Ministerin fängt nicht bei null an – schon vor Jahren hat die Führung begonnen, das Bewusstsein in der Armee zu verändern. So wurden die Vorgesetzten 2011 in einem modernisierten Handbuch umfassend über die Vereinbarkeit von Dienst und Familie informiert. Vor gut einem Jahr ging nach einer dreijährigen Pilotphase das Kinderbetreuungsportal der Bundeswehr im Netz online. Die Informationsplattform soll den Familien an den Standorten helfen, Krippen- oder Hortplätze im Umfeld ausfindig zu machen. Kindergärten in den Kasernen sind noch Mangelware. In Pilotversuchen wird stattdessen – zum Beispiel mit der Kirche – der Aufbau eigener Betriebsgruppen geprüft.