Die undiplomatische Diplomatie westlicher Botschafter verhilft Erdogan zu einem Erfolg. Er führt sich auf, als hätte er die Ehre seines Landes gerettet. Bleibt zu hoffen, dass eine Mehrheit seiner Landsleute sich davon nicht mehr blenden lässt, meint StZ-Autor Armin Käfer

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Selbst einem orientalischen Märchenerzähler dürfte es schwerfallen, Recep Tayyip Erdogans Bilanz als fast allmächtiger Staatschef der Türkei schönzureden. Die türkische Wirtschaft liegt darnieder, die Inflation galoppiert, sein Ansehen schwindet. Bei der für 2023 angesetzten Wahl muss Erdogan um seine Macht bangen. Die vergangenen Tage darf er allerdings als Erfolg verbuchen. Ein beispielloser Affront gegen wichtige Verbündete, darunter die USA und Deutschland, endet auf eine Weise, die sich als Kotau deuten lässt. Von dem öffentlich inszenierten Schaukampf um den (berechtigten) Protest gegen die Inhaftierung des Kulturmäzens und Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala profitiert vorerst nur einer: Erdogan.