Wie schon im Hinspiel verliert der VfB auch zu Beginn der Rückrunde gegen Wolfsburg. Die Stuttgarter lassen beim 0:2 Effizienz und Cleverness vermissen. Bruno Labbadia nimmt Stellung nach einer „schlaflosen Nacht.“

Wolfsburg - Bekanntermaßen ist Bruno Labbadia kein Mann, der die Arbeit scheut. Morgens kommt er oft als Erster auf die Geschäftsstelle und knipst abends das Licht aus. Und wenn es sein muss, ist er sich auch für Tätigkeiten nicht zu schade, die mit seiner Stellenbeschreibung eher wenig zu tun haben. Mit einer großen Schippe und gewaltigem Einsatz jedenfalls befreit der VfB-Coach am Morgen nach dem Rückrundenstart eigenhändig eine Ecke des Trainingsplatzes von der Schneedecke.

 

Als gäbe es beim VfB Stuttgart nicht genügend andere Probleme.

Eine „schlaflose Nacht“ liegt hinter Bruno Labbadia, nachdem seine Mannschaft am Samstag mit 0:2 (0:0) beim VfL Wolfsburg verloren hat. Es war, genau wie das 0:1 im Hinspiel, eine völlig unnötige Niederlage. Und weil als Nächstes der FC Bayern kommt, droht dem VfB auch dieses Mal, in den Startblöcken sitzen zu bleiben. Umso bitterer ist es, wie leichtfertig der VfB erneut die Punkte hat liegen lassen. „Das hat uns sehr wehgetan“, sagt der Trainer.

Im entscheidenden Moment fehlt die Cleverness

Die Stuttgarter boten in Wolfsburg keine schlechte Auswärtsleistung. Labbadia war sogar „selbst überrascht, wie dominant wir den Ball haben laufen lassen“. Die Zahlen belegen das: Der VfB hatte 54 Prozent Ballbesitz, den 22 Schüssen auf das Wolfsburger Tor standen nur acht Versuche der Niedersachsen gegenüber. Doch weiß auch der Trainer, „dass wir uns davon nichts kaufen können“. Denn in den entscheidenden Momenten des Spiels fehlten seiner Elf die Effizienz im Angriff und die Cleverness und Entschlossenheit in der Defensive.

Nur dank der tatkräftigen Mithilfe des VfB konnte Wolfsburg zur richtungsweisenden 1:0-Führung kommen: Einen keineswegs unhaltbaren Distanzschuss von Diego ließ Sven Ulreich passieren. Allerdings war der Torhüter nur der Letzte in einer Fehlerkette, die schon an der Mittellinie begonnen hatte. Von dort durfte Diego Anlauf nehmen – und wurde daran von Zdravko Kuzmanovic und Tamás Hajnal, denen der Trainer einmal mehr den Vorzug gegenüber Raphael Holzhauser gab, nicht einmal halbherzig gehindert.

Begleitschutz für den Brasilianer Diego

Sie boten eher Begleitschutz denn echte Gegenwehr – sehr zum Ärger des Kapitäns: „Es darf niemals passieren, dass einer 30 Meter über den Platz läuft und dann aufs Tor schießt. Da muss man auch mal ein taktisches Foul machen. Aber das tun wir nicht“, haderte Serdar Tasci. „Da müssen wir aggressiver sein – gerade gegen Diego“, sagte der Außenstürmer Martin Harnik, der den Brasilianer, wie zum Beweis, kurz darauf sehr resolut zu Fall brachte – und hinterher dennoch dessen Trikot mit nach Hause nehmen durfte.

Diego war es auch, der mit einer Freistoßflanke das zweite Wolfsburger Tor vorbereitete. Und so blieb Labbadia nur die Erkenntnis, dass „die Einzelqualität von Diego ausschlaggebend war“.

Vedad Ibisevic ist nicht zu ersetzen

Der VfB hingegen lebt vom Kollektiv und erreicht nur dann seine Leistungsgrenze, wenn alle mitziehen. Am Willen fehlte es der Mannschaft auch in Wolfsburg nicht – sie stemmte sich nach dem Rückstand sichtbar gegen die drohende Niederlage. „Das Team hat funktioniert“, findet Labbadia. Wie sehr es bei den Stuttgartern aber an der oft spielentscheidenden individuellen Klasse mangelt, zeigt sich insbesondere dann, wenn im Angriff Vedad Ibisevic fehlt, der Mann, der in dieser Saison 18 der 44 Pflichtspieltreffer erzielt hat und in Wolfsburg eine Gelbsperre absitzen musste.

Sein Ersatzmann Shinji Okazaki gab sein Bestes – als alleinige Spitze gegen zwei Hünen wie Alexander Madlung und Simon Kjaer jedoch ist der kleine Japaner überfordert. Und es macht die Sache nicht einfacher, wenn die anderen Offensivleute zwar fleißig Richtung Tor schießen, dieses aber meist meterweit verfehlen. „Der eine oder andere muss mehr Torgefahr ausstrahlen“, sagt Labbadia – und sehnt den Tag herbei, an dem Fredi Bobic Vollzug bei der Suche nach einem neuen Stürmer vermeldet.

Kommt der israelische Angreifer Tomer Hemed?

Nachdem sich der Transfer des Kolumbianers Duvier Riascos zerschlagen hat, intensiviert der Manager die Bemühungen um Tomer Hemed (25) von RCD Mallorca. Mit dem Israeli ist er sich einig, sagt Bobic, „Hemed wäre schon da“ – wenn die Verhandlungen mit dem Inselclub nicht so zäh und undurchsichtig wären. Es komme ihm, witzelt der Manager, „spanisch vor“, dass sich Hemed zuletzt auf der Ersatzbank wiedergefunden hat, obwohl er zuvor der beste Mann der Mallorquiner gewesen sei.

Vorerst bleibt also alles, wie es ist: die Personaldecke dünn, die Belastung hoch, die Zukunft ungewiss. Bruno Labbadia sagt: „Wir wissen, dass es die ganze Zeit ein Ritt auf der Rasierklinge sein wird.“