Die Zukunft des Stuttgarter Linden-Museums Völkerkunde-Museum in Not

Ob Neubau oder Sanierung – das Stuttgarter Linden-Museum braucht eine Perspektive, meint Nils Schmid, der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion
Stuttgart - Wer nicht gut zu Fuß, mit Rollstuhl oder Kinderwagen unterwegs ist, hat das Nachsehen. Museen sollten für alle Menschen da sein, das Linden-Museum wäre es gern, ist aber nicht barrierefrei. So schön das 1911 erbaute Gebäude am Hegelplatz auch sein mag, als Ausstellungshaus taugt es nur noch bedingt. Daraus macht Inés de Castro, die Direktorin des Völkerkundemuseums, seit langem keinen Hehl. „In diesem Haus“, sagt sie bei jeder Gelegenheit, „sehe ich unsere Zukunft nicht.“
Obwohl auch in Politik und Verwaltung niemand einen Zweifel daran hat, dass das Linden-Museum entweder dringend saniert werden oder umziehen müsste, gibt es noch immer keine Beschlüsse. Deshalb will Nils Schmid nun wieder Schwung in die Debatte bringen. „Das Lindenmuseum ist eines der führenden ethnologischen Museen Europas“, sagt der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, „aber es hat einen riesigen Raum- und Sanierungsbedarf.“ Deshalb sei es an der Zeit zu handeln, meint Schmid und sieht Stuttgart in der Pflicht: „Die Stadt muss sich entscheiden. Es ist eine Frage des politischen Willens.“
Noch während seiner Zeit als Finanzminister habe er von der Bauverwaltung die verschiedenen Optionen prüfen lassen. „Eine Sanierung des Gebäudes am Hegelplatz und eine Erweiterung über die Straße rüber in Richtung Universität würde 50 bis 55 Millionen Euro kosten“, so Schmid, ein Neubau käme auf schätzungsweise 70 bis 75 Millionen Euro zuzüglich Grundstückskosten. Die Stadt müsse sich endlich erklären, „ob sie den Sprung zum Neubau macht“, so Schmid – und ob ein Neubau zum Beispiel hinter dem Straßburger Platz am Hauptbahnhof entstehen könnte. Wolle die Stadt keinen Neubau auf diesem Areal, müsse man endlich mit der Sanierung am Hegelplatz beginnen. „Es wird nicht billiger, wenn man es auf die lange Bank schiebt“, so Schmid.
Das Linden-Museum wird je zur Hälfte von Stadt und Land finanziert, auch Grundstück und Museumsgebäude gehören hälftig den beiden Partnern. Nach Meinung von Nils Schmid wäre das Haus auch der geeignete Ort, „wo eine plurale, multikulturell geprägte Gesellschaft mit Migranten aus aller Herren Ländern sich selbst vergewissert“. Deshalb sei es dringend nötig, das Linden-Museum zukunftsfähig zu machen, damit es dieser Rolle gerecht werden könne.
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