Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren am Familiengrab von Jürgen A. Hotz auf dem Alten Friedhof in Stuttgart-Vaihingen Grabschmuck gestohlen. Das ist kein Einzelfall, bestätigt das Friedhofsamt.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Vaihingen - Am Samstagmorgen des 8. April wollte Jürgen A. Hotz das Grab seiner Mutter auf dem Alten Friedhof in Stuttgart-Vaihingen besuchen. Dabei stellte er fest, dass ein Geburtsteller aus Porzellan sowie eine Blumenvase mitsamt Blumen entwendet worden sind. Es war nicht das erste Mal. „Seit meine Mutter vor zwei Jahren gestorben ist, ist das bereits der dritte Gedenkteller, der weggekommen ist“, berichtet Hotz. Ebenso kamen drei aufwendig gestaltete Vasen abhanden. Der 76-jährige Vaihinger kann darüber nur den Kopf schütteln. „Ich gehe eigentlich davon aus, dass die Menschen vor Tod und Trauer Respekt haben. Doch das scheint nicht der Fall zu sein“, sagt Hotz.

 

Nur drei Tage nach der Beisetzung fehlten die ersten Gegenstände

Begonnen hätten die Diebstähle nur wenige Tage nach der Beisetzung der Verstorbenen im Familiengrab, welches seit 1926 im Besitz der Familie Hotz ist. „Ich habe damals eine kleine Skulptur auf das Grab gestellt. Sie zeigte drei kleine Spatzen aus Porzellan“, erinnert sich Hotz. „Nach drei Tagen war sie verschwunden.“ Nach fünf Tagen entwendeten Diebe zudem einen Blumenkranz.

Der finanzielle Schaden geht in die Hunderte. „Alleine 150 Euro hat die Spatzenfigur damals gekostet“, sagt Hotz. Die Stücke, die allesamt aus renommierten Porzellanmanufakturen stammten, sollten das Andenken an seine Mutter in Erinnerung halten. „Ich habe etwas Besonderes machen wollen. Doch es hat keinen Zweck“, sagt Hotz frustriert. Mehr noch als der finanzielle Verlust schmerzt den 76-Jährigen allerdings die Respektlosigkeit der Diebe. „Jeder nimmt sich einfach, was ihm gefällt“, sagt Hotz. Das Grab seiner Mutter liege relativ weit hinten. „Da kommen wenige Leute vorbei. Wenn jemand etwas stehlen will, ist keiner da, der ihn sieht“, sagt der Vaihinger.

Längst nicht jeder Diebstahl wird angezeigt

Diebstähle auf Friedhöfen sind auch dem städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt bekannt. „Es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle auf verschiedenen Friedhöfen“, sagt Karola Ortmann, die Leiterin der Dienststelle Bestattungen und Gräberverwaltung. Derzeit gebe es aber keine besondere Häufung von Hinweisen. Wenn das der Fall wäre, bitte das Friedhofsamt die Polizei, vermehrt am betreffenden Friedhof Streife zu fahren. „Aber es ist schwer zu erkennen, wenn jemand Kleinigkeiten von den Gräbern nimmt und in seine Tasche steckt“, sagt Ortmann. Da die Gräber Privateigentum sind, ist nicht das Friedhofsamt der Geschädigte, sondern der Grabeigner. „Er muss bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstatten“, sagt Ortmann. Sie kritisiert das Verhalten der Diebe scharf. „Es scheint Mitmenschen zu geben, die jeglichen Respekt und jeglichen Anstand verloren haben“, sagt Ortmann.

Auch die Polizei kann derzeit keine Häufung von Diebstählen feststellen. „Hin und wieder werden uns Fälle gemeldet, aber es wird nicht alles angezeigt“, sagt ein Polizeisprecher. Er geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Das vermutet auch Karola Ortmann. „Es wäre gut möglich, dass es weitere Diebstähle gab, die uns nicht gemeldet wurden.“

Alle Gräber zu beaufsichtigen ist schwierig

Jürgen A. Hotz unterhält sich regelmäßig mit anderen Friedhofsbesuchern. „Man hört öfter, dass Blumen und Grabschmuck gestohlen wurden“, sagt er. Der Vaihinger fordert die Stadt zum Handeln auf. Man könne die Friedhöfe beispielsweise am Abend wieder abschließen, schlägt er vor. Karola Ortmann lehnt das ab. „Das wäre nicht zielführend. Wer etwas stehlen will, klettert einfach über den Zaun oder die Mauer.“ Auch tagsüber sei nicht jedes Grab zu jeder Zeit im Blick der Friedhofsmitarbeiter. „Da müsste unser Personal schon daneben stehen, um zu erkennen, ob sich da ein Unberechtigter am Grab zu schaffen macht.“