Diebstähle von Baustellen im Kreis Böblingen Wie dreist gehen die Täter vor?

Kupferkabel werden häufig von Baustellen gestohlen. Foto: dpa/Daniel Naupold

Sie brechen in Baustellen ein und stehlen Baumaschinen und Kupferkabel. Die Polizei ist aktuell mit vielen derartigen Fällen beschäftigt. Was steckt dahinter?

Böblingen: Julia Theermann (the)

Werkzeuge und hochwertiges Material von Baustellen, Sensoren zur Abstandsmessung aus Autos – was Diebe auf immer dreistere Weise stehlen, erstaunt nicht nur die Eigentümer. Mit chirurgischer Präzision und oft am helllichten Tag gehen sie ihrem Handwerk nach. Das Polizeipräsidium Ludwigsburg, das auch für den Kreis Böblingen zuständig ist, hat allein im vergangenen Monat knapp zehn solcher Fälle allein für Böblingen und Umgebung gemeldet. Allerdings: von Baustellen werde durchaus nicht selten Material entwendet – ob der Baustellenklau jüngst auch statistisch gesehen zugenommen habe, lasse sich nicht zweifelsfrei belegen. Dennoch: Die Taten sind nicht alltäglich – allein schon, wenn man bedenkt, dass oft ganze Lastwagenladungen eingepackt werden. Aber auch wenn die Beute nicht eben alltäglich ist, die Tätersuche wird dadurch nicht einfacher.

 

Das weiß auch Steffen Grabenstein, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg. Erst vor Kurzem wurde der Diebstahl von mehreren Tonnen Kupferkabel von einer Baustelle in Ehningen vermeldet. Ende März hatten sich die Diebe Zugang zu einer Baustelle in der IBM-Allee verschafft und Teile eines freiliegenden Erdkabels in Stücke geschlagen. Anschließend schnitten die Unbekannten die Ummantelung des Kabels auf und entwendeten das darin befindliche Kupferkabel. „Buntmetall wird gerne auch an entsprechende Annahmestellen verkauft“, so Grabenstein. Das klappe aber natürlich meist nur bei kleineren Mengen – und nicht bei fünf Tonnen Kabel.

Diebe bringen Fluchtfahrzeug mit

Wie dreist und vielleicht auch spezialisiert einige Diebe aktuell unterwegs zu sein scheinen, zeigt sich auch an anderen Fällen, beispielsweise im Grafenauer Teilort Döffingen. Diebe brachen Mitte März einen Bauzaun auf und verschafften sich Zugang zum Gelände des Bauhofs. Vermutlich fuhren sie mit einem größeren Fahrzeug vor, um ihr Diebesgut später abtransportieren zu können. Sie stahlen gut 1,5 Tonnen Schaltafeln und Schalungsträger.

Ähnlich scheinen Unbekannte in Sindelfingen vorgegangen zu sein. Hier wurde Anfang März der Zaun einer Baustelle in der Mahdentalstraße geknackt. Nachdem im Baucontainer nichts gefunden worden war, rissen die Diebe über mehrere Stockwerke Baustromkabel aus den Wänden des Rohbaus. „Da die gestohlenen Kabel ein Gewicht von mehreren hundert Kilo haben, muss für den Abtransport ein entsprechend geeignetes Fahrzeug verwendet worden sein“, hieß es. Die Kabel haben einen Wert von mehreren Zehntausend Euro.

Es gibt Erfolge bei der Aufklärung

„Wenn man von großen Mengen Diebesgut spricht – zum Beispiel tonnenweise Kupfer, dutzende Fahrräder – oder von ganz speziellem Stehlgut wie Airbags, Katalysatoren oder hochwertige Werkzeuge muss man sicher von einer Spezialisierung der Täterschaft ausgehen“, urteilt Grabenstein und setzt nach, „so etwas ist ja kein ‚übliches’ Diebesgut, das lässt sich vermutlich auch nicht überall zu Geld machen, dafür sind schon bestimmte Kanäle erforderlich.“

Man fragt sich nach solchen Meldungen, warum die Beutezüge nicht mehr Leuten auffallen. Polizeisprecherin Victoria Zahler: „In der Regel sind Baustellen frei zugänglich, selbst wenn es einen Bauzaun gibt, lässt sich der schnell überwinden.“ Zudem hinterfragten Passanten nicht, wenn bei einer Baustelle Transporter vorführen oder sich mehrere Menschen dort zu schaffen machten. „Bei Baustellen ist es ja oft normal, dass dort viele – auch wechselnde – Arbeiter sind“, so Zahler. Zum Thema Videoüberwachung, um Baustellen besser zu schützen, könne man pauschal nichts sagen. „Es gibt sicher Baustellen, die videoüberwacht werden, aber eben auch welche, die ohne Überwachung sind.“

Für die Polizei ist es auch kaum möglich, pauschale Informationen zum Verbleib gestohlener Ware abzugeben. Es sind eben zunächst Einzelfälle. Manchmal gibt es aber auch Erfolge, wie zum Beispiel im vergangenen August: Da ermittelte der Polizeiposten in Schönaich zwei Verdächtige, denen eine ganze Serie von Buntmetalldiebstählen im Landkreis Böblingen zur Last gelegt wird.

Autos gehen oft über die Grenze gen Osten

Doch nicht nur Diebstähle von Baustellengeländen beschäftigen die Polizei aktuell. Auch auf Firmengeländen kommt es immer wieder zu Einbruchdiebstählen. So auch in Holzgerlingen. Dort wurden Gewindebohrer im Wert zwischen 80 000 und 100 000 Euro gestohlen. Um in die Verkaufsräume zu gelangen, hatten die Einbrecher ein Loch in die Fassade geschnitten. Grabenstein erinnert sich an einen ähnlichen Fall in Leonberg. Da war vor einigen Jahren ein Loch in die Wand eines Fahrradladens geschlagen worden, um Pedelecs zu stehlen. „So etwas ist natürlich schon außergewöhnlich“, sagt der Polizeisprecher.

Ein großes Thema ist auch der Diebstahl von Autozubehör. So hatten sich Diebe zum Beispiel Mitte März unter anderem in der Königsberger Straße in Böblingen an mehreren im Freien geparkten Audis zu schaffen gemacht. Dabei hatten sie gezielt die Sensoren zur Abstandsmessung aus der Fahrzeugfront ausgebaut. „Aus zurückliegenden Ermittlungsverfahren weiß man auch, dass Fahrzeugteile immer wieder übers Internet zum Verkauf angeboten werden“, so Grabenstein.

Und was ist, wenn es um ganze Autos geht? Ebenfalls Mitte März hatten Diebe zwei Mercedes aus Sindelfingen gestohlen. Beide waren mit dem Keyless-Go-System ohne Schlüssel zu öffnen und anzulassen. Ende März wurde dann noch ein Volkswagen von einem Firmengelände in Waldenbuch gestohlen. „Entwendete Fahrzeuge oder beispielsweise Baumaschinen werden immer wieder an Grenzübergängen in Richtung Osten festgestellt“, so der Polizeipressesprecher, „was aber im Umkehrschluss natürlich nicht bedeutet, dass solche Gegenstände immer dorthin verbracht werden.“ Gerade bei Baumaschinen, Baumaterial oder Werkzeugen sei es oft schwierig, diese Gegenstände einer Straftat zuzuordnen.

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