Verbrennungsmotor und Heizung könnten bald unerschwinglich werden, wenn es nach der EU-Kommission geht. Frankreich und arme EU-Länder kämpfen für eine CO₂-Preisgrenze.

Aktuell wird über steigende Energiekosten für 2026 geschimpft, doch das Jahr 2027 markiert den eigentlichen Wendepunkt für Millionen von Autofahrern und Heizungsbesitzern in der EU.

 

Ab dem 1. Januar 2027 startet das neue Emissionshandelssystem „ETS 2“, das den CO₂-Handel auf Transport und Gebäudeheizung ausweitet. Während Deutschland bereits seit 2021 mit dem nationalen Emissionshandelssystem nach BEHG Erfahrungen sammelt, steht nun eine europaweite Lösung vor der Tür – mit deutlich anderen Regeln als bisher.

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CO₂-Preis für Benzin, Diesel und Heizung 2026/2027

Deutschland ging mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) 2021 einen nationalen Sonderweg, wollte damit eine Art Vorbildrolle einnehmen. Schon seit 2021 werden jährlich höhere CO₂-Preise in einer bestimmten Höhe festgesetzt.

2025 zum Beispiel sind es 55 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Das entspricht umgerechnet 17,3 Cent pro Liter Dieselkraftstoff und 15,7 Cent pro Liter Superbenzin. 2026 soll der CO₂-Preis nun auf etwa 65 Euro pro Tonne steigen, was nochmals einer Erhöhung von etwa 3 Cent pro Liter Kraftstoff entspricht. Dabei wird Diesel etwas stärker verteuert als Benzin, hat aber auch einen höheren Brennwert.

Auch auf Gas- und Ölheizungen wirkt sich der CO2-Preis unmittelbar aus. Foto: IMAGO/Wolfilser

Benzin und Diesel: 2021 vs. 2026 (Schätzung)

  • Benzin: Preiserhöhung von 18,6 Cent pro Liter im Vergleich zu 2021.
  • Diesel: Anstieg von 20,5 Cent pro Liter im Vergleich zu 2021.

Emissionshandel ETS-2 nur noch auf EU-Ebene

Das neue System „ETS 2“ ab 2027 funktioniert nach einem anderen Prinzip: Der Mechanismus aus festen Preisen in Deutschland geht ab 1. Januar 2027 in einen freien europäischen Handel über, der mit „ETS 2“ (für Emissions Trading System) abgekürzt wird.

Die Autofahrer haben mit dem CO₂-Handelssystem direkt nichts zu tun. Prinzip ist, dass für jede Tonne CO₂, die durch die Verbrennung von fossilen Ressourcen freigesetzt wird, auf Industrie- oder Handelsebene ein Zertifikat erworben werden muss.

CO₂-Preisschock ab 2027 – oder ETS-2-Deckelung bei 45 Euro?

Die Prognosen für 2027 sind alarmierend: Fachleute sehen in Hintergrundgesprächen für die Zukunft eine Preisspanne von 70 bis 100 Euro pro Tonne CO₂, was einem weiteren Aufschlag von etwa 10 Cent pro Liter Benzin und rund 12 Cent pro Liter Diesel entsprechen würde. Auch die Heizkosten würden massiv steigen.

In EU-Ländern, die noch keinen nationalen Emissionshandel eingeführt haben oder erst allmählich damit beginnen, wären sogar regelrechte Preisschocks zu erwarten. Das trifft zum Beispiel auf Polen oder Teile Südeuropas zu.


CO₂-Preisobergrenze in ETS-2 relativ unverbindlich

In Brüssel gibt es deswegen eine grundsätzliche Einigung, die Kohlenstoffemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe im Straßenverkehr und beim Heizen ab 2027 zunächst mit einer Preisobergrenze von 45 Euro pro Tonne Kohlenstoffemissionen zu deckeln, die bis Ende 2029 gelten soll. Das wäre also weniger als aktuell im nationalen deutschen Emissionshandel, der 2026 mit 65 Euro zu Buche schlägt.

Die 45 Euro stehen allerdings nur in den sogenannten „Erwägungsgründen“ des geplanten EU-Gesetzes, nicht im eigentlichen Text. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach den schweren Protesten der „Gelbwesten“ von 2018/2019 wenigstens auf diese Formel als Minimalkompromiss gedrungen.

Benzin und Diesel 2027 wieder billiger?

Sollte die Begrenzung Erfolg haben, könnte Sprit in Deutschland 2027 zunächst sogar billiger werden – aber nur um in den 2030er Jahren endgültig durch die Decke zu gehen. Kritiker sehen darin eine Art Irreführung, um die Bürger in falscher Sicherheit zu wiegen.

Ein Ziel des EU-Emissionshandels: Nach Deutschland gelieferter Strom aus polnischen Kohlekraftwerken muss deutlich teurer werden. Foto: imago images/photothek

Höhere Prognosen für CO₂-Preis im ETS-2

Die Einhaltung des Deckels kann aber nicht hundertprozentig garantiert werden, denn in einem halbwegs freien Markt sind sowohl niedrigere als auch wesentlich höhere Preise denkbar. So rechnet das ZEW-Institut in einer Prognose für 2030 etwa mit 200 Euro pro Tonne CO₂, und die Bundesregierung mit 85 Euro. Die Schätzungen gehen weit auseinander.

Eine Analyse von BloombergNEF ergab, dass die Preise für CO2-Zertifikate schon zwischen 2027 und 2030 im Schnitt bei 99 Euro pro Tonne liegen könnten. Noch dramatischer werden die langfristigen Auswirkungen gesehen: In einer Studie, die Ende März 2025 veröffentlicht wurde, schätzt das Energiewirtschaftliche Institut (EWI) der Universität zu Köln den durchschnittlichen CO₂-Preis bis zum Zieljahr 2035 auf 160 Euro pro Tonne, wobei die Spanne von 120 Euro pro Tonne im Jahr 2027 bis 205 Euro pro Tonne für 2035 reicht.

Demonstration gegen Energiearmut in Großbritannien, wo sich viele Menschen die Heizkosten nicht mehr leisten können. Foto: IMAGO/ZUMA Wire

ETS-2: Teure Energie für arme EU-Länder?

Besonders heftig trifft das alles die ärmeren Mitgliedsstaaten der EU. Vor allem in ost- und südeuropäischen Ländern wächst die Sorge vor hohen Energiepreisen, denen die Menschen wenig entgegensetzen könnten – zum Beispiel, indem sie auf E-Autos statt Verbrenner umsteigen.

Laut Medienberichten haben einige Länder, darunter Zypern, Polen, die Slowakei, Tschechien und Ungarn, erneut einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschickt. Darin fordern sie die Verschiebung des Emissionshandels-Starts auf 2030, um „unvorhergesehene soziale, wirtschaftliche und politische Disruptionen“ zu vermeiden.

Diesel in Polen durch ETS-2 bald über 2 Euro?

Die hohen Belastungen resultieren daraus, dass es zum Teil noch keinen echten nationalen Emissionshandel gibt. Einige Länder steigen also abrupt mit den Preisen ein, die der Markt ab 2027 verlangt. Die Auswirkungen könnten dramatisch sein: Das wären auf einen Schlag mindestens 60 Cent Aufschlag auf den Liter Kraftstoff. Die Heizkosten könnten für manche Haushalte in Polen laut Experten sogar um mehr als 150 Prozent steigen.

Verbrennungsmotor und Heizung durch ETS-2 unerschwinglich?

Die Entwicklung nach 2030 verspricht dann weitere Steigerungen, die nicht nur das Autofahren mit Verbrennungsmotor, sondern auch das Heizen im Altbau vollends unerschwinglich machen könnten – sofern das ganze bürokratische Konstrukt nicht noch einmal neu überdacht wird, wie es sich aktuell schon für das „Verbrenner-Aus 2035“ abzeichnet. Allerdings hat sich gerade die CDU/CSU bislang massiv für ETS-2 ausgesprochen. Sie verspricht sich davon vermeintlich "marktwirtschaftliche" Anreize für Wärmepumpen - Gegner sprechen eher von einer indirekten Wärmepumpenpflicht, obwohl diese Technologie für manche Gebäude nicht in Frage kommt und flächendeckend auch gar nicht genug Strom dafür zur Verfügung stehen würde. Erhöhte Ökologische Kosten für vorgezogene Abrisse sind jedoch bislang nicht einkalkuliert.

Wärmepumpenzwang durch die Hintertür, „Klima-Prämie“ lässt auf sich warten

Als Gegenmaßnahme plant die EU zwar einen „Sozialfonds“ mit 87 Milliarden Euro Volumen, der durch die Einnahmen aus dem ETS 2 finanziert werden soll, wobei 25 Prozent der Mittel aus den Mitgliedstaaten der EU stammen. Die Verteilung der Mittel ist aber noch völlig offen. In Deutschland lässt die sogenannte „Klima-Prämie“ auf sich warten. In Österreich, wo man eine Zeit lang automatisch einige hundert pro Kopf Euro überwiesen bekam, wurde sie wegen Budgetproblemen sogar wieder gestrichen.

Im Übrigen gibt es bereits das System „ETS 1“, das aber nicht direkt die Zapfsäulen und Heizungen der Verbraucher betrifft, sondern nur besonders umweltbelastende Branchen. Seine Einführung galt bislang als Erfolg und soll in den letzten Jahren zu einer starken Reduzierung von CO₂-Emissionen beigetragen haben.