Angela Merkel will weniger Einschränkungen für Diesel-Fahrer. Cem Özdemir bezeichnet die Pläne der Kanzlerin als „Treppenwitz“. Auch Bei Umweltverbänden stößt der Vorstoß auf scharfe Kritik.

Heidelberg - Der Grünen-Politiker Cem Özdemir hat den Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) scharf kritisiert, Fahrverbote in deutschen Städten bei nur „geringfügigen“ Grenzwertüberschreitungen gesetzlich abzuwenden. „Wir erhöhen ja auch keine Promillewerte, damit man auch mit Alkohol noch fahren kann. Wenn Sie durch eine Prüfung fallen, wird auch nicht das Prüfungsniveau gesenkt“, sagte der frühere Grünen-Vorsitzende der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Dienstagsausgabe).

 

Die Pläne seien deshalb ein „Treppenwitz“. Die Grenzwerte für Abgase gebe es „aus gutem Grund: Um die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen“, sagte er der in Heidelberg erscheinenden Zeitung. Durch eine Erhöhung der Stickoxid-Grenzwerte verringere Merkel den Druck auf die Hersteller. „Umgekehrt müsste es sein“, forderte Özdemir. „Der Abgasausstoß muss an die Gesetze angepasst werden.“ Der Abgasskandal schade dem Label „Made in Germany“, warnte Özdemir. Die deutsche Wirtschaft drohe den Anschluss zu verpassen. „Der Fortschritt in der Automobilindustrie wird überall stattfinden, nur nicht in Deutschland“, sagte er.

„Das Auto von Morgen in Deutschland bauen“

„Bei Exportquoten von über 70 Prozent muss die Autoindustrie das Auto von Morgen in Deutschland bauen.“ Der Abgasskandal müsse ein Weckruf sein, den Umstieg auf emissionsfreie und vernetzte Mobilität nun „entschlossen anzupacken“. Merkel hatte am Sonntagabend gesagt, nach Ansicht der CDU seien Fahrverbote bei einer nur geringfügigen Überschreitung der EU-Grenzwerte „nicht verhältnismäßig“. Deshalb wolle ihre Partei die Gesetze so ändern, dass Fahrverbote in solchen Fällen als unverhältnismäßig eingestuft würden.

Bei Umweltverbänden stieß der Vorstoß auf scharfe Kritik, der Rechtswissenschaftler Jörn Ipsen bezeichnete ihn hingegen als „möglich und angemessen“. Nach Angaben der CDU wird der Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) in 51 Städten nur „sehr geringfügig“ überschritten. Dazu gehörten „auch die Großräume Frankfurt und Berlin“. Für die hessische Metropole und die Bundeshauptstadt hatten Gerichte zuletzt Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß verlangt.