Die Bundesregierung legt eine Palette von Maßnahmen vor, um Diesel-Fahrverbote zu vermeiden. Für Stuttgart kommen sie wohl zu spät - aber Hoffnung gibt es für andere Städte im Südwesten.

Stuttgart - Trotz des Diesel-Konzepts der Bundesregierung hält Baden-Württemberg vorerst an den geplanten Fahrverboten für ältere Fahrzeuge ab 2019 in Stuttgart fest. Die zum 1. Januar vorgesehenen Maßnahmen müssten wahrscheinlich gehalten werden, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da groß etwas ändert.“ Die Verbote sind zunächst für Diesel der Euronorm 4 und schlechter geplant, um die Luft in Stuttgart sauberer zu bekommen. Dazu hatten Verwaltungsgerichte die grün-schwarze Landesregierung gezwungen.

 

Allerdings hofft Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), dass die Zahl der betroffenen Euro-4-Diesel rapide abnehmen wird, wenn die vom Bund geplante Umtauschprämie greift. Nach wie vor offen ist, ob es in Stuttgart später Fahrverbote für Diesel der Euronorm 5 geben wird. Dies werde man im ersten Halbjahr 2019 prüfen, sagte Hermann. CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart zeigte sich da zuversichtlicher: „Wir gehen jetzt davon aus, dass es mit dem neuen Diesel-Konzept gelingt, Euro-5-Fahrverbote zu vermeiden.“ Ähnlich äußerte sich Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU).

Die Spitzen der schwarz-roten Bundesregierung hatten sich darauf geeinigt, dass Besitzer älterer Diesel in Regionen mit besonders schmutziger Luft neue Angebote zum Kauf sauberer Wagen und für Motor-Nachrüstungen bekommen sollen. Vorgesehen sind diese beiden Möglichkeiten für besonders betroffene Städte mit Grenzwertüberschreitungen, darunter in Baden-Württemberg für Stuttgart, Reutlingen, Heilbronn, Backnang und Ludwigsburg.

Handwerkstag spricht von einem großen Schritt in die richtige Richtung

SPD-Landeschefin Leni Breymaier sagte der „Pforzheimer Zeitung“ (Mittwoch): „Mit dem, was verabredet wurde, kann ich gut leben.“ Sie sprach von einer „sehr pragmatischen Lösung“. Verkehrsminister Hermann zeigte sich deutlich kritischer: Einige Elemente des Pakets brächten Fortschritte, andere seien unklar, unvollständig oder unzureichend. Bei der Umtauschprämie erwarte die Bundesregierung, dass die Hersteller günstige Konditionen anböten - mehr sei nicht festgelegt. Bei der Nachrüstung für Private sei unklar, wer zahle.

Der Autobauer Daimler hielt seine Position zu den Diesel-Beschlüssen der Regierungskoalition in Berlin vorerst offen. Man habe konstruktive Gespräche über Lösungen für die Kunden geführt, nun werde man sich den Vorschlag genau anschauen und sich dann erst dazu äußern, hieß es am Dienstag am Rande des Pariser Automobilsalons.

Der baden-württembergische Handwerkstag sprach von einem großen Schritt in die richtige Richtung, um Fahrverbote zu vermeiden. Detailfragen müssten jetzt schnell geklärt werden, sagte Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Der Präsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Wolfgang Grenke, meinte drohende Fahrverbote in weiteren Städten Baden-Württembergs könnten nun verhindert werden.

Reaktionen von FDP, SPD, CDU und AfD

FDP und SPD forderten die Landesregierung auf, auf Fahrverbote ab 2019 in Stuttgart zu verzichten. Die Verbote seien nun nicht mehr verhältnismäßig, sagten unabhängig voneinander SPD-Fraktionschef Andreas Stoch und FDP-Verkehrsexperte Jochen Haußmann.

Doch an die Möglichkeit, die Verbote zum 1. Januar zu kippen, glauben selbst CDU-Politiker nicht mehr: Der aus Baden-Württemberg stammende Verkehrsstaatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Steffen Bilger (CDU) bezweifelte, dass man in Städten wie München und Stuttgart schnell in die Nähe der geforderten Grenzwerte kommt.

AfD-Landtagsfraktionschef Bernd Gögel kritisierte, die Bundesregierung habe die Automobilindustrie in ihre Pläne nicht eingebunden - daher sei das ganze Diesel-Paket Makulatur. Bislang habe sich nur der VW-Konzern für Nachrüstungen ausgesprochen.

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