Im weitere Vorgehen in Sachen Luftreinhaltung ist die Landesregierung gespalten. Prognoserechnungen zeigen, dass auch 2020 der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid ohne Fahrverbot überschritten werden wird.

Stuttgart - Der Koalitionsausschuss der Landesregierung befasst sich an diesem Freitag mit dem in Stuttgart zum 1. Juli geplanten Diesel-Fahrverbot für Autos mit der Schadstoffklasse Euro 5. Für die Regierungskoalition aus Grünen und CDU zeichnet sich damit eine ernste Krise ab, denn ihre jeweiligen Standpunkte sind schlicht unvereinbar.

 

Die CDU lehnt ein weiteres Fahrverbot kategorisch ab. „Die Luftwerte in Stuttgart haben sich in den letzten Jahren extrem verbessert“, sagt Thomas Dörflinger, der verkehrspolitische Sprecher. Den Grünen gehe es um Ideologie und Umerziehung der Autofahrer. Verbote seien nicht mehr erforderlich, so Dörflinger.

Grüne plädieren für kleine Zone

Das von den Grünen geführte Verkehrsministerium will das gerichtlich verfügte Fahrverbot umsetzen, allerdings nicht wie vom Bundesverwaltungsgericht im Februar 2018 vorgeschrieben für ganz Stuttgart, sondern für eine kleinere Zone, die die Innenstadt, Bad Cannstatt, Feuerbach und Zuffenhausen umfasst. Die Wirkung in der kleinen Zone, argumentiert das Regierungspräsidium (RP) im Luftreinhalteplan, sei ausreichend, denn der EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid (40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel) könne so erreicht werden.

Einig ist sich die Koalition nur darin, eine sogenannte Vollstreckungsabwehrklage beim Verwaltungsgericht Stuttgart einzureichen. Die Klage allein kann aber keines der Fahrverbote, egal ob in der großen oder kleinen Zone, aufschieben. Dazu müsste die Landesregierung einen Eilantrag bei Gericht stellen. Die CDU pocht darauf, die Grünen sehen darin die Gefahr, dass das Verwaltungsgericht diesen Antrag nicht wie später die Klage im Detail prüft. Scheitert der Eilantrag, wäre die Regierung an das Urteil aus Leipzig gebunden und müsste für die Euro-5-Diesel sogar die große Verbotszone markieren. Das hat jüngst der Verwaltungsgerichtshof angemahnt, als er über den Vollstreckungsantrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) entschied. Erstmals musste ein Bundesland damit 25 000 Euro Strafe zahlen. In der nächsten Vollstreckung könnten es sogar 250 000 Euro sein.

Prognose zeigt Werte über 40 Mikrogramm

Um das Fahrverbot verhindern zu können, wie es die CDU vorgibt, müssten Prognoserechnungen die 40 Mikrogramm für 2020 nachweisen. Davon ist man in Stuttgart aber trotz Coronakrise, Tempo 40, Busspur und Filteranlagen an zwei Straßen noch entfernt: Für die Pragstraße nennt das Gutachten ohne Fahrverbot für 2020 einen Wert von 46,9 Mikrogramm, mit Euro-5-Dieselverbot in der neuen kleinen Umweltzone 41,1. In der Talstraße, wo die CDU im Vorjahr auf neue Meßstellen drängte, würden 45,2, mit Euro-5-Verbot 39,2 Mikrogramm erreicht. Ein Jahresmittelwert von knapp über 40 Mikrogramm würde nicht zu einer erneuten Strafzahlung führen, das hat der Verwaltungsgerichtshof dem Land mitgeteilt. Die Umwelthilfe würde also bei der neuen kleinen Fahrverbotszone mit Anträgen auf weitere Strafzahlungen scheitern.