Der Stuttgarter Sportwagenhersteller gerät immer tiefer in den Dieselskandal. Wegen einer illegalen Abschalteinrichtung sollen europaweit 22 000 Geländewagen mit dem Dieselmotor zurückgerufen werden.
Berlin - Knapp zwei Jahre nach Bekanntwerden der Abgasaffäre bei Volkswagen haben die Behörden eine unzulässige Abschalteinrichtung bei der VW-Tochter Porsche entdeckt. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ordnete eine Rückrufaktion für europaweit rund 22 000 Fahrzeuge des Porsche-Geländewagens Cayenne Diesel mit Drei-Liter-Motor und Euro-6-Norm an, davon sind nach Porsche-Angaben rund 6000 Autos in Deutschland zugelassen. Außerdem gilt von Freitag an in Deutschland ein Zulassungsverbot für diesen Fahrzeugtyp. Das bedeutet einen Verkaufsstopp für alle Fahrzeuge, die in den Werken vom Band rollen oder bei den Händlern stehen. Dobrindt erwartet, dass auch andere europäischen Länder ein Zulassungsverbot verhängen. Zu dieser drastischen Maßnahme hat die Bundesregierung bisher nur einmal im Falle eines VW-Modells gegriffen.
Die Manipulationen der Software seien komplex
Dobrindt sagte, bei Untersuchungen sei eine Aufwärmeinrichtung entdeckt worden, die anspringt, wenn das Fahrzeug auf den Rollenprüfstand gebracht wird. Bei diesem Test werden die Abgaswerte ermittelt. Laut Dobrindt erkenne die illegale Abschalteinrichtung, wenn ein Fahrzeug per Hand auf den Prüfstand geschoben wird. Die Manipulationen der Software seien komplex und nur schwer zu erkennen gewesen. Der Verkehrsminister erklärte, er habe keinerlei Erklärung, warum die Schummelsoftware in den Porsche-Fahrzeugen installiert worden sei. Das beanstandete Modell sei technisch in der Lage, die vorgegebenen Abgasgrenzwerte einzuhalten.
Der Verkehrsminister zeigte sich zuversichtlich, dass Porsche schnell in der Lage sein wird, die Autos durch Nachrüstung in einen rechtskonformen Zustand zu bringen. Irritationen löst in Berlin aus, dass die illegale Einrichtung erst fast zwei Jahre nach Bekanntwerden des Abgasskandals entdeckt worden ist. Die Autohersteller hatten nach dem VW-Skandal angekündigt, ihre Fahrzeuge zu überprüfen. Dobrindt sagte, er habe nach der Entdeckung der illegalen Abschalteinrichtung mit VW-Vorstandschef Matthias Müller gesprochen. Das Unternehmen habe versichert, eng mit den Behörden zusammenzuarbeiten, um die Manipulationen abzustellen.
Ohne die Abschalteinrichtung stößt das Auto über das Doppelte an Stickoxid aus
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) stellte bei Nachprüfungen fest, dass das Porsche-Modell ohne die illegale Abschalteinrichtung mehr als das Doppelte der angegebenen Stickoxidwerte ausstieß. Dobrindt versicherte, es würden weiterhin Fahrzeugtypen auf Unregelmäßigkeiten untersucht. Die Bundesregierung ist aber alarmiert, dass trotz der Zusicherungen der Hersteller weitere Fälle von Betrug entdeckt werden. Zugleich geht die Bundesregierung dem Verdacht nach, dass auch bei Dieselmodellen des VW-Touareg 3.0 eine ähnliche Manipulationssoftware installiert worden ist. Die Prüfungen dieses VW-Modells seien aber noch nicht abgeschlossen, so dass Warnungen unter Vorbehalt stünden, sagte Dobrindt. Der Minister meinte, die Kosten für die Rückrufaktion und die Nachrüstung müssten vollständig von Porsche getragen werden. Dazu werde das Unternehmen alle Fahrzeughalter anschreiben. Die gravierendsten Manipulationen sind bisher bei Volkswagen entdeckt worden. Für 2,5 Millionen VW-Fahrzeuge ist ein Rückruf angeordnet worden.
Porsche verwendet für die Dieselvariante des Cayenne Motoren von Audi
Porsche verwendet für die Dieselvariante des Cayenne Motoren der Volkswagen-Tochter Audi. Dort hatten Tests ebenfalls eine unzulässige Abgaseinrichtung bei einigen Modellen ans Licht gebracht. Die Software habe bewirkt, dass erkannt wurde, wenn das Auto auf einem Prüfstand war – dann wurden die Abgas-Reinigungssysteme angeschaltet. Audi muss deshalb 24 000 Fahrzeuge zurückrufen. Das Unternehmen bestätigte, dass die nun betroffenen Porsche Cayenne von Audi zugelieferte Motoren haben.
Porsche hat den Einsatz einer illegalen Abschalteinrichtung beim Geländewagen Cayenne nach eigenen Angaben selbst dem Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet. „Porsche hat bei internen Untersuchungen Unregelmäßigkeiten in der Motor-Steuerungssoftware festgestellt und diese aktiv dem KBA dargelegt“, teilte die Volkswagen-Tochter in Stuttgart mit. Mit der Behörde sei eine Korrektur durch ein Software-Update vereinbart worden.