Wegen der unklaren Regierungsbildung werden vorerst nur kleine Summen bewilligt. Zahlung der Industrie steht aus.

Berlin - Der von der Bundesregierung aufgelegte Mobilitätsfonds zur Reduzierung der Stickoxidbelastung in Städten kommt nur schleppend voran. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im September den Fonds auf eine Milliarde Euro aufgestockt – davon sollen die Automobilhersteller 250 Millionen Euro beisteuern. Doch die Kommunen warten auf das Geld. Bisher liegen noch nicht einmal die Förderrichtlinien vor. Nach Informationen dieser Zeitung haben auch die Automobilhersteller noch nicht in den Fonds einbezahlt. Die deutschen Hersteller sind dazu bereit. Sie leisteten bisher aber keine Zahlungen, weil der Mobilitätsfonds noch nicht existiert. Für die Gründung ist die Regierung zuständig. Mit dem Fonds soll die Abgasbelastung in Städten gesenkt werden. So sollen beispielsweise Busse nachgerüstet und die Digitalisierung des städtischen Verkehrs vorangetrieben werden. Ziel ist es, die Stickoxidbelastung in Ballungsräumen zu verringern und Fahrverbote zu vermeiden.

 

Verzögerung wegen langer Regierungsbildung

Die Auszahlung des Geldes gestaltet sich auch wegen der unklaren Regierungsbildung in Berlin schwierig. Vom nächsten Jahr an gilt für den Bund die vorläufige Haushaltsführung. Das bedeutet, dass neue Ausgaben erst getätigt werden können, wenn das Parlament den Etat beschlossen hat. Die Etataufstellung kann sich somit bis zur Jahresmitte 2018 hinziehen. Aus diesem Grund will die geschäftsführende Regierung restliche Mittel aus dem laufenden Haushalt entnehmen. Wie es aus Regierungskreisen heißt, sollen unverbrauchte Mittel aus dem Energie- und Klimafonds der Bundesregierung für die Luftreinhaltung in Städten verwendet werden. Auch andere Restmittel aus dem Verkehrs- und Umweltministerium sollen herangezogen werden.

Auf dem zweiten Dieselgipfel mit den Kommunen am nächsten Dienstag will die geschäftsführende Bundesregierung die Einzelheiten für Sofortmaßnahmen der Kommunen besprechen. „Uns läuft die Zeit davon“, heißt es aus Länderkreisen. Um die von Verwaltungsgerichten für notwendig erachteten Fahrverbote abzuwenden, müssen schnell Maßnahmen zur Luftreinhaltung beschlossen werden. Auch die Kommunen dringen auf schnelle Umsetzung. „Wir brauchen Klarheit, damit wir rasch beginnen können“, erklärte der Deutsche Städtetag. Beim Treffen am Dienstag will die Regierung den Kommunen etwas entgegenkommen. Wenn Städte etwa ihre elektrische Fahrzeugflotte erweitern wollen, sollen Restmittel aus der Förderung im Bereich Elektromobilität genutzt werden. Es gibt bereits eine Fülle von Programmen zur Luftreinhaltung, die zur Verfügung stünden. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagte: „Wenn Kommunen kurzfristig Mittel benötigen, stehen sie im Rahmen der bestehenden Programme zur Verfügung.“ Dies sei jetzt schon möglich. Offenbar machten die Kommunen davon aber wenig Gebrauch.

Städte und Gemeinden sind unzufrieden

Den Vertretern von Städten und Gemeinden reichen die Angebote des Bundes nicht. Am Dienstag sind Oberbürgermeister aus 30 Städten ins Kanzleramt geladen. Außerdem nehmen die Ministerpräsidenten der belasteten Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände teil. Der Deutsche Städtetag appellierte an den Bund: „Mehrere Städte wollen noch in diesem Jahr Sofortmaßnahmen zur Luftreinhaltung starten.“ Es müsse möglich sein, mit den umsetzungsreifen Produkte sofort zu beginnen.

Der Deutsche Städtetag argumentiert, dass die Kommunen keine Zeit hätten, um darauf zu warten, bis Klarheit über den Bundeshaushalt 2018 und die Förderrichtlinien für den Mobilitätsfonds besteht. Klärungsbedarf sehen auch die Länder. Baden-Württemberg dringt in den Verhandlungen darauf, dass bereits begonnene Vorhaben zur Luftreinhaltung durch den Mobilitätsfonds gefördert werden. Als Sofortmaßnahme schlägt der Städtetag vor, dass beispielsweise die Stadt Stuttgart kurzfristig weitere elektrisch betriebene Fahrzeuge, Pedelecs und E-Roller für die Stadtverwaltung und die Stadtwerke anschafft. München könne sofort mit einem Pilotprojekt für batteriebetriebene Kehr- und Baumaschinen beginnen.

Auf dem Treffen soll auch darüber gesprochen werden, in welchem Umfang sich die ausländischen Automobilhersteller am Mobilitätsfonds beteiligen. Bisher gaben nur die inländischen Hersteller eine Zusage ab. Ein Termin für einen zweiten Dieselgipfel mit den Autoherstellern steht noch nicht fest.