Die nach dem Dieselgipfel Anfang August von den Autobauern eingeführten Umtauschprämien für alte Dieselautos führen nach einer Studie des Duisburger Car-Instituts zu einem heftigen Rabattwettbewerb. Die Wissenschaftler rechnen damit, dass vor allem VW damit in den kommenden Monaten Marktanteile gewinnen wird.

Stuttgart - Die Umtauschprämien für alte Dieselautos kurbeln nach einer Studie des Forschungsinstituts Car den Rabattwettbewerb kräftig an. Der seit sieben Jahren monatlich erhobene Rabattindex des Instituts habe im August seinen höchsten jemals gemessenen Wert erreicht, berichtet Ferdinand Dudenhöffer, der Chef des an der Universität Duisburg-Essen angesiedelten Instituts. „Noch nie sind die Rabatte so stark durch die Decke gegangen“, zieht Dudenhöffer eine erste Zwischenbilanz.

 

Die deutschen Autohersteller und die meisten Importeure hatten nach dem Dieselgipfel Anfang August in Berlin Zug um Zug Prämien beim Eintausch eines Dieselautos und dem Kauf eines Neuwagens eingeführt. Damit sollen alte Dieselautos möglichst rasch von der Straße geholt und die Stickoxidbelastung gesenkt werden.

Nahezu alle Hersteller bieten zusätzliche Rabatte an

Nahezu alle Hersteller bieten mittlerweile laut Dudenhöffer sogenannte Abwrack- und Umweltprämien zusätzlich zu ihren normalen Rabattaktionen an. Dies führe unter dem Strich zu Rabatten, die man nach Einschätzung des Wissenschaftlers noch nie auf dem deutschen Automarkt beobachten konnte, wie etwa 44 Prozent Nachlass für einen VW Golf oder 40 Prozent für den Audi A 4 Avant.

Zusammenfassend lässt sich laut Dudenhöffer sagen, dass bei BMW sowie den VW- und Audi-Händlern insgesamt am meisten von den Umtauschprämien beim Kunden ankomme. Weil VW und Audi jedoch keinen Wertausgleich für den eingetauschten Wagen geben, lohne sich das Angebot am meisten für Kunden, die nahezu schrottreife Autos eintauschen. Bei BMW gebe es dagegen wie bei einigen anderen Marken auch einen Wertausgleich. Das bedeutet etwa am Beispiel Daimler: Abgegebene Diesel-Autos der Schadstoffklassen Euro 1 bis 3 gehen zum Verwerter, die neueren der Klasse Euro 4 „mit einem nicht zu vernachlässigendem Restwert werden in Zahlung genommen“, heißt es in der Untersuchung.

Mancher verrechnet die Prämie weitgehend mit anderen Rabatten

Bei Opel und Ford zeige sich, das sich die Händler finanziell offenbar an den Diesel-Eintauschprämien beteiligen müssen. Das schließen die Studienmacher aus folgendem Ergebnis: Der Mehrrabatt, der durch die Prämie beim Kunden ankommt, liege bei Modellen dieser beiden Marken deutlich unter den vom jeweiligen Hersteller ausgelobten und beworbenen Prämie. Beim Modell Focus Ambiente kommt demnach lediglich rund 1700 von 5000 Euro Extra-Umweltrabatt beim Kunden an, beim Opel Astra Selection sind es 3000 von 5000 Euro.

Der Hauptgeschäftsführer vom Verband des Kraftfahrzeuggewerbes im Land, Carsten Beuß, bestätigte am Montag auf Anfrage dieser Zeitung, das Kosten von den Herstellern auf Händler abgewälzt werden: „Leider ja. Das ist jedoch bei den einzelnen Fabrikaten sehr uneinheitlich und aus unserer Sicht sachlich auch nicht gerechtfertigt, da dadurch der Handel belastet wird mit Folgekosten von Maßnahmen, die er nicht zu verantworten hat.“ Ganz eindeutig seien hier ausschließlich die Hersteller und Importeure in der Pflicht. „Der Handel leidet schon genug unter den Folgen der Diesel-Debatten“, so Beuß weiter: So stünden derzeit bundesweit allein rund 300 000 Euro 5-Diesel-Pkw im Gesamtwert von rund 4,5 Milliarden Euro auf den Höfen der Händler und ließen sich nur sehr schwer vermarkten.

Grundsätzlich sieht man auch beim Kfz-Verband die Gefahr, dass die Rabatte den ohnehin hohen Preiswettbewerb im Gewerbe noch verschärfen. „Dennoch sind die positiven Aspekte der Prämien so gewichtig, dass dies in Kauf genommen werden muss“, sagte Beuß. Ziel müsse im Hinblick auf die drohenden Fahrverbote sein, in 2017 und 2018 möglichst viele neue Euro 6-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. „denn die wirtschaftlichen Folgen von Fahrverboten wären für Autofahrer und Handel noch belastender“.

Der Verband setzt sich neben verbindlichen Hardware-Updates für Euro 5-Diesel auch für eine Verlängerung der von den meisten Konzernen bis Ende 2017 angebotenen Prämie in das kommende Jahr hinein ein. Außerdem solle der Bonus – wie bereits bei wenigen Autobauern wie VW und Audi praktiziert – auch beim Kauf von „sauberen“ Gebrauchtwagen gewährt werden.

Manche Hersteller verrechnen den Extra-Bonus weitgehend mit anderen Rabatten: Umweltprämien von Herstellern wie Hyundai, Mazda oder Renault bezeichnet Car-Instituts-Chef Dudenhöffer als einen „reiner Marketing-Gag“. So würde etwa Hyundai bei seinem Modell i20 Classic eine Prämie von 3800 Euro versprechen, doch letztlich kämen lediglich 292 Euro „netto“ beim Kunden an: Ein Kunde, der ohne alten Diesel einen solchen Neuwagen kauft, zahle 10 069 Euro, während das Auto, dessen Listenpreis bei 13 950 Euro liegt, mit der Umweltprämie 9777 Euro kostet. „Das ist nahe an einer Art Fake-Prämie“, so Dudenhöffer. Diese Art Prämien werden nach seiner Ansicht keinen langen Bestand haben: „Entweder der Hersteller bessert nach oder er kann sich die Werbekosten für die Aktion sparen.“

VW-Konzern könnte Marktanteile gewinnen

Der Wissenschaftler rechnet insgesamt damit, dass die Marken des VW-Konzerns in den kommenden Monaten durch die hohen Prämien Marktanteile gewinnen werden. Erste Aussagen von Internetvermittlern belegen diese These laut Dudenhöffer. Die Marke VW hat seit Bekanntwerden des Abgasskandals im Herbst 2015 in Deutschland deutlich Marktanteile verloren.