Auch nach dem Klassenverbleib gibt es für die VfB-Clique einen Grund zum Zittern: Wer wird neuer Präsident ihres Lieblingsclubs?

Stuttgart - Endlich schmeckt er wieder, der Zwiebelrostbraten in Ottos Vesperstüble. Wochen-, nein monatelang haben die sechs Freunde von der VfB-Clique vor lauter Sorge kaum einen Bissen runterbekommen, in ihrem Wurstsalat haben sie herumgestochert, im Leberkäs oder den Schinkennudeln. Jetzt aber ist alles überstanden und der Klassenverbleib gesichert. Zur Belohnung gönnt sich Jogi den legendären Vesperstüble-Rostbraten, so dick wie ein Leitz-Ordner, und neben Joachims Fleischungetüm liegt sogar noch ein Berg Pommes.

 

Herrlich sei es gewesen, am Samstag um halb vier zum ersten Mal seit Menschengedenken ein Spiel gegen die Bayern völlig entspannt mitzuverfolgen. Jogi hat nebenher in seinem Garten Würste gegrillt, Joachim ist mit seiner Frau sogar nach München gefahren, und Thommi war wie immer im Seekneiple im Westen - und benötigte diesmal kein Beruhigungsschnäpsle. "Ich habe mich nicht mal darüber aufgeregt", sagt er, "dass der Ulreich beim entscheidenden Tor danebengegriffen hat."

Wer wird neuer Präsident ihres Lieblingsclubs?

Es könnte also alles so schön sein. Im Biergarten könnten die Freunde in den nächsten Wochen lustvoll die nahende Frauen-WM ignorieren und sich auf den August freuen, wenn die Liga wieder losgeht und das neue Stadion endlich fertig ist. So einfach ist das aber nicht. Denn auch nach dem Klassenverbleib gibt es einen Grund zum Bangen und zum Zittern - und diesmal geht es um die Frage: Wer wird neuer Präsident ihres Lieblingsclubs?

Wenn es nach der Clique ginge, dann wäre gar kein neuer notwendig. "Ich würde den Staudt wiederwählen", sagt Jürgen, und Jogi findet es "gigantisch, was der hier auf die Beine gestellt hat". An die Vervielfachung der Mitgliederzahlen erinnert Joachim noch einmal, an den Stadionumbau, das Carl-Benz-Center, die Meisterschaft anno 07. "Und zum Dank", sagt Jerg, "kriegt er jetzt einen Tritt in den Hintern und wird vom Hof gejagt wie der größte Versager." Jawoll, sagt Jogi, "das ist ein ganz, ganz übles Spiel". Und wer dabei die Fäden zieht, das sei auch klar. "Der Dieter Hundt", sagt Alex, "der ist das große Problem."

Jogi findet es zwar richtig, "dass es bei der Präsidentenwahl undemokratisch zugeht", ansonsten seien irgendwelchen Scharlatanen auf der Mitgliederversammlung zu vorgerückter Stunde Tür und Tor geöffnet. Falsch jedoch findet er es, wie sich die Dinge beim VfB entwickelt hätten: "Man muss dem Aufsichtsrat mehr auf die Finger schauen. Bei uns ist es so, dass allein Dieter Hundt regiert, und das darf nicht sein. Ich will keinen Präsidenten von Hundts Gnaden." Jerg wendet blitzschnell ein, "dass wir jetzt mit Herrn Daum abgestiegen wären, wenn wir auch in der Trainerfrage auf Herrn Hundt gehört hätten". Im Grundsatz ist auch ihm der Aufsichtsratschef viel zu mächtig. "Hundt sollte zumindest Manns genug sein, zwei Kandidaten zur Wahl zu stellen."

Jetzt wird wieder gelacht im Versperstüble

Das wird nicht passieren, da ist sich die Clique sicher. Und so kann sich Gerd Mäuser, von Hundt als neuer Präsident auserkoren, bei den sechs Freunden im Vesperstüble nicht gerade über einen ausgeprägten Vertrauensvorschuss freuen. "Eine Marionette von Hundt", sagt Alex. "Ein Erfüllungsgehilfe", sagt Jogi. "Ein Porsche-Fritze, der nach Hundts Pfeife tanzt", sagt Jerg. "Ein arbeitsloser Porsche-Fritze, um genau zu sein", sagt Thommi.

Mag ja sein, dass Gerd Mäuser ein fähiger Mann ist, der gute Ideen hat und ein innovatives Konzept, mit dem er den Verein wieder nach vorne bringt. Allein: den Freunden fehlt der Glaube, wenn sie wissen, dass in seinem Rücken der Arbeitgeberpräsident die Richtung vorgibt. Und vor allem: sie hätten gerne mal etwas aus dem Mund des Kronprinzen gehört. "Der Mäuser macht ja keinen Mucks", sagt Thommi. Und Jürgen fühlt sich angesichts des Versteckspiels an den Geheimagenten Bond, James Bond, erinnert: "Mein Name ist Mäuser, Duck-Mäuser." Immerhin: jetzt wird wieder gelacht im Versperstüble.