Der Mäzen Dietmar Hopp ist jetzt offiziell der erste Alleinherrscher im deutschen Profifußball – und erklärt die Ziele, die er mit seinem Lebenswerk verfolgt.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Als Dietmar Hopp am Freitagmittag das Medienzentrum in der von ihm finanzierten Rhein-Neckar-Arena betritt, da ist er überpünktlich und bestens vorbereitet. Ein drahtloses Funkmikrofon trägt der 74-Jährige bereits dicht vor dem Mund, seine Unterlagen in der schwarzen Aktentasche sind akkurat vorsortiert. Also legt der Milliardär und Vater des Hoffenheimer Fußballaufschwungs auch zügig los mit seiner 45-minütigen Präsentation, in der er Einblicke und Ausblicke in sein sportliches Lebenswerk gibt.

 

„Ich will erklären, dass es mir nicht um Macht geht“, sagt Dietmar Hopp, der nur ganz selten vor die Presse tritt. Diesmal hält er den Zeitpunkt aber für ideal: Schließlich hatten ihm am Montag die 384 anwesenden Mitgliedern in der Stadthalle Sinsheim demonstrativ den Rücken gestärkt. Unter dem Tagesordnungspunkt 6.2 stimmte die Vereinsversammlung geschlossen dafür, dass der Mäzen per Satzungsänderung vom 1. Juli an die Mehrheit der Anteile an der Spielbetriebs-GmbH des Bundesligisten TSG Hoffenheim übernehmen darf.

Der erste, der bei einem Club allein das Sagen hat

Damit ist Hopp, der bereits in seiner Jugend als Stürmer in der Kreisliga für die TSG spielte („Für jedes erzielte Tor bekam ich von einem Bauern eine Dose Leberwurst!“) die erste Einzelperson in der Geschichte des deutschen Fußballs, die bei einem Proficlub das alleinige Sagen hat. Hinter den Kulissen war dies allerdings längst so, gehören doch 96 Prozent (2,4 Millionen Euro) des Stammkapitals der Spielbetriebs-GmbH dem Mäzen, während der Verein mit dem Präsidenten Peter Hofmann („Hopp steht für Stabilität“) an der Spitze nur vier Prozent (100 000 Euro) hält.

Nun aber ist Dietmar Hopp auch formal der „erste König der Bundesliga“ (die „Welt“). Dies war für ihn aufgrund der 50+1-Regel im deutschen Fußball bisher nicht möglich gewesen, einem Reglement, das millionenschwere, machthungrige Spekulanten mit wenig sportlichen Absichten davon abhalten soll, sich bei Erstligavereinen einzukaufen. Bereits 2011 war für Dietmar Hopp aber ein Hintertürchen aufgegangen. Der Präsident von Hannover 96 und Hörgerätehersteller Martin Kind hatte neben der „Lex Leverkusen und Wolfsburg“ eine weitere Ausnahme von 50+1 erstritten, die nun gültig ist für „Rechtsträger, die einen Verein mehr als 20 Jahre ununterbrochen und erheblich gefördert haben.“

Diese Bedingungen sah man bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in der Causa Hopp nun mit einem Schreiben vom 18. Dezember 2014 erfüllt. Martin Kind, der sich „erst“ seit 1997 in Hannover engagiert, wird sich derweil noch mindestens bis ins Jahr 2017 gedulden müssen. „Für mich ist wichtig, dass mein Nachfolger aus der Familie jetzt Rechtssicherheit hat“, sagt Hopp, dessen Sohn Daniel die Geschäfte fortführen soll. Wann das sein wird? „Solange es die Umstände zulassen, bleibe ich an Bord“, sagt der eng mit der Rhein-Neckar-Region verwurzelte Geldgeber, der „auch im Geschäftsleben immer ein Stürmer“ war: Als ehemaliger IBM-Mitarbeiter in Böblingen hatte Hopp 1972 mit vier Kollegen die Softwarefirma SAP gegründet, die inzwischen weltweit mehr als 69 000 Mitarbeiter hat und einen Jahresumsatz von 17 Milliarden Euro erwirtschaftet. Nebenbei ist SAP auch Hauptsponsor der TSG Hoffenheim.

Seinen Frieden im Fußball hat Hopp offenbar gefunden

Seine Fußballleidenschaft hat Hopp stets eng mit seinem Heimatverein verknüpft. Seit seinem Einstieg 1989 hat er sich seine TSG Hoffenheim mit Stadion, Trainingszentrum, Geschäftsstelle und Jugendakademie 350 Millionen Euro kosten lassen. Obendrein ist Hopp, der mit einem Vermögen von vier Milliarden Euro zu den 15 reichsten Deutschen zählt, auch als Sponsor im Golf, Handball und Eishockey tätig – und wurde für sein ebenfalls millionenschweres soziales Engagement über die „Dietmar-Hopp-Stiftung“ bereits mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Besonders im Fußball zeigte sich aber auch der Ehrgeiz des Mäzens, der nach den Anfangsjahren einen Kurswechsel vornahm: Zwischen 1989 und 2001 führte Hopp den Dorfclub – zuletzt unter der Regie des Trainers Hansi Flick – zunächst von der Kreis- bis in die Regionalliga. Dies geschah mit einem Konzept, das vor allem auf regionale Talente setzte. Dann aber ging es dem Geldgeber nicht schnell genug: Also hielt 2006 mit der Verpflichtung von Cheftrainer Ralf Rangnick eine derart erfolgsorientierte Denkweise Einzug, dass zügig der Durchmarsch in die erste Liga gelang.

Kritik hat Hopp, dem die Fußball-Glitzerwelt durchaus zusagt, in der Bundesliga reichlich einstecken müssen: Da war etwa der Dortmunder Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der die TSG als einen „Plastikclub“ bezeichnete. Als schließlich ein BVB-Fan ein Plakat mit einem Fadenkreuz, seinem Konterfei und der Aufschrift „Hasta la vista, Hopp!“ im Stadion in die TV-Kameras hielt, reagierte der Milliardär und verklagte den Übeltäter, der sich darauf entschuldigte.

Seinen Frieden im Fußball hat Hopp offenbar gefunden. Bis 2016 soll sich die TSG Hoffenheim „über eine kluge Transferpolitik“ wirtschaftlich selbst tragen, was schwierig wird. Und sportlich, da wäre der Chef nach dem Schock des Fastabstiegs von 2013 schon zufrieden, „wenn in Sinsheim langfristig Bundesligafußball zu sehen ist“.

Die Rechnung 50 + 1

Regel
Die 50+1-Regel ist eine deutsche Besonderheit. Sie verhindert, dass ein Investor die Stimmenmehrheit an einem Fußballclub erhält. So soll die Macht von Kapitalgebern beschränkt und sportliche Ziele vor wirtschaftlichen geschützt werden. Der Verband DFB und die Liga DFL legen in ihren Satzungen fest, dass ein Verein nur eine Lizenz erhalten kann, wenn „50 Prozent zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmanteils in der Versammlungder Anteilseigner“ der „Mutterverein“ behält.

Ausnahmen
In den Satzungen steht auch, dass über Ausnahmen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen oder eine Einzelperson seit mehr als 20 Jahren den Verein ununterbrochen und erheblich gefördert hat, DFB und DFL entscheiden. Sonderregeln gab es in der Vergangenheit für die hundertprozentigen AG-Töchter in Leverkusen (Bayer) und beim VfL Wolfsburg (VW) – und jetzt auch in Hoffenheim.