Die Initiative Digital Life Day von Daimler will die Kreativität der Mitarbeiter für den Sprung in die digitale Welt mobilisieren.

Stuttgart - „Jede Veränderung braucht vor allem Menschen, die sie tragen und vorantreiben“, sagt Harald Rudolph, Leiter der Abteilung Daimler Strategie das Vorgehen in Richtung Digitalisierung. Aushängeschild sind die so genannten Digital Life Days, auf denen man diesen Impuls bündeln will. Es gehe um das Gefühl: ich trage dazu bei, dass unser Unternehmen innovativer wird, sagt Rudolph.

 

Er befasst sich seit mehr als 12 Jahren mit der Gesamtausrichtung des Konzerns und dabei immer mehr mit Digitalisierungsthemen. Seine Truppe von Digital Life decke eine außergewöhnliche Mischung an Aktivitäten ab, sagt er. Schon deshalb sei sie in Zahlen nicht genau zu fassen, jedenfalls sei sie relativ klein, dafür aber hoch motiviert.

Um beim raschen Voranschreiten der Digitalisierung vorne mitzuspielen, ist es dem Wirtschaftsingenieur wichtig, neben der Umsetzung von Ideen auch eine Kultur zu fördern, die Innovationen ermuntert. Ein probates Mittel, Mitarbeiter weltweit bei diesem Thema zusammenzubringen, ist der konzerneigene Digital Life Day (DLD), den Rudolph und sein Team seit fünf Jahren einmal im Jahr organisieren. „Hier kommen Leute zusammen, die Lust auf Veränderung haben, die aber auch begeisterungsfähig sind für das Thema Digitalisierung“, sagt er. Erlebbar, nahbar, vorgelebt – das sei hier das Motto.

Binnen kürzester Zeit ist der DLD zum Selbstläufer geworden. Dieses Jahr hatten sich mehr als 8000 Mitarbeiter um einen der 1000 Plätze bei der weltumspannenden Veranstaltung in Ludwigsburgs kreativem Urban Harbor beworben. Um noch mehr Kollegen zu erreichen, haben Rudolph und Team in kleinerem Rahmen beispielsweise schon einen DLD in Indien veranstaltet.

Digital Life – das heißt Dialog auf Augenhöhe

Beim Digital Life Day begegne man sich auf Augenhöhe, vom Bandmitarbeiter bis zur Führungskraft. Mit leichter Ironie sagt Rudolph, der DLD sei wahrscheinlich „eine der geselligsten Bildungsveranstaltungen im Konzern.“ Die Motivation beschreibt er so: „Ich denke, es ist gerade diese Andersartigkeit, Inhalte mit Spaß, Leichtigkeit und Enthusiasmus rüberzubringen, die magisch anzieht.“

Grundsätzlich versuchen Rudolph und sein Team, immer drei Ziele zusammenzubringen: die Mitarbeiter über neue Themen informieren, sie inspirieren und das Thema Innovation fördern. Um möglichst fair vorzugehen, wählt unter den Bewerbern der Zufallsgenerator die Teilnehmer aus. Eine große Bandbreite an Mitarbeitern soll zum Zug kommen. „No Shows,“ so Rudolph, seien so gut wie keine dabei. „Es bewerben sich wirklich nur die Leute, die Interesse haben.“ Bei diesem Forum für Austausch und Vernetzung geht es auch darum, in dem Konzern mit seinen circa 300.000 Mitarbeitern eine Plattform für Begegnungen zu schaffen. „Leute mit ähnlichen Interessen können sich hier kennenlernen und informieren, was es schon alles gibt an Entwicklungen, an wen sie sich wenden können mit einem spezifischen Anliegen.“ Deshalb sei es besonders wichtig, die Veranstaltung relativ offen zu gestalten.

Effizienz und Nachhaltigkeit im Fokus

Zwei Themen bestimmten den diesjährigen DLD: Effizienz und Nachhaltigkeit mit Hilfe von Digitalisierung. Wie Digitalisierung zum effizienten Arbeiten beitragen kann, Ideen dazu sind für Daimler höchst bedeutsam; allzumal für das umfassende Sparkorsett, das der neue Firmenlenker Ola Källenius dem Konzern verordnet hat, dessen Produktionskosten zu hoch sind, die Marge zu niedrig. Vorrangig ging es um neue Arbeitsmethoden mit Künstlicher Intelligenz, Blockchain oder Social Internet.

Für die Erörterung der Frage, wie Digitalisierung positiv auf Nachhaltigkeit einwirken kann, wartete der fünfte DLD mit einer Neuigkeit auf. „Neben 40 Marktständen und 40 Vorträgen auf drei unterschiedlichen Bühnen haben wir erstmals zwölf Workshops veranstaltet, aus denen die Kollegen ganz konkret Erkenntnisse für ihren Arbeitstag mitnehmen konnten.“ Man wolle keine Veranstaltung, wo man mehr oder minder passiv in der Reihe sitze, sagt Rudolph.

Teams wetteifern um die besten Ideen

Beim DLD wetteifern zehn Teams mit ihren Ideen um den Sieg. Sie reichten in diesem Jahr von einer Idee Sicherheitsfeatures im Fahrzeug spielerisch zu vermitteln, über Mitarbeiterbeteiligungen an erneuerbaren Energieerzeugungsanlagen bis hin zu einer unternehmensinternen Materialbörse, um beispielsweise überschüssiges Büro- oder Produktionsmaterial anderen Bereichen anzubieten. Letzteres spart Ressourcen, Beschaffungskosten und verbessert den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens. Das geht bis hin zu der Verwertung von Sitzleder oder Stoff aus Cabrioverdecken von ausgedienten Fahrzeugen, um daraus Taschen für soziale Einrichtungen herstellen zu lassen.

Die besten drei Teams werden prämiert, erfahren Unterstützung auf mehreren Ebenen: Ein fünfstelliges Startkapital soll dazu beitragen, dass die Kollegen die eine oder andere Ausgabe tätigen können. Zudem werden sie von Rudolph und seinem Team begleitet bei der Umsetzung ihrer Idee. Ganz entscheidend ist die Tatsache, dass das Management sie unterstützt.

Softwarefirmen als bedrohliche Konkurrenz

Haben (deutsche) Automobilhersteller, wie dies Automobilexperte Stefan Bratzel und andere immer wieder unken, ihre Spitzenposition beim Automobilbau tatsächlich an Software-Firmen verloren? Bei Daimler nehme man die neue Konkurrenz sehr ernst, sagt Rudolph, der wie Daimler-Chef Källenius und die Führungskräfte aller Abteilungen in einem Gebäude in Untertürkheim sitzt, um die Wege für die Kommunikation kurz zu halten.

Schon frühzeitig habe Daimler damit begonnen, auf Technologiemessen wie der CES in Las Vegas oder dem Mobile World Congress in Barcelona aktiv zu sein. „Weil wir erkannt haben, dass wir dort natürlich neue Trends erleben und sehr gut ins Gespräch mit Experten und Kunden kommen.“ Zudem, so Rudolph, sei es eine hervorragende Bühne, vor sehr kompetentem Publikum neue digitale Innovationen zu präsentieren.

Neue Wege der Kommunikation

Nicht zuletzt Sascha Pallenberg ist Teil der digitalen Neuausrichtung des Konzerns. In Pallenberg sieht Rudolph „ein authentisches Sinnbild dafür, wie sich unsere Kommunikation verändert: weg von der Verkündungskommunikation, hin zum Austausch mit der Online-Community.“ Der erfahrene Online-Redakteur, der zwischen Asien und Deutschland pendelt, bereitet Inhalte an der Schnittstelle zwischen Auto- und IT-Industrie für Daimler Online Medien auf.

Digital Life Day als wichtiger Mosaikstein

Der Digital Life Day ist ein wichtiger Mosaikstein, der in die Breite wirkt, weil er den Mitarbeitern Stolz auf ihren Arbeitgeber und Motivation bei der Arbeit vermitteln solle. Das funktioniere aber nur, so Rudolph, mit der tatkräftigen Unterstützung sehr vieler Menschen aus dem Konzern, die an der Digitalisierung arbeiten. „Wenn wir mit 40 Marktständen vor Ort sind, müssen diese Leute alle bereit sein, eineinhalb Tage zu investieren, plus Vorbereitung.“

Die Mitwirkenden seien begeisterte Überzeugungstäter. „Das haben wir hinbekommen. Und deswegen ist dieses Netzwerk im Konzern eigentlich das, was es trägt. Es ist nicht mein Bereich“, sagt Rudolph.

Vor fünf Jahren war der DLD eine interne Veranstaltung. „Inzwischen ist es weiterhin exklusiv für unsere Mitarbeiter, aber wir haben auch viele externe Partner mit dabei, die ihre Innovationen zeigen, die aber auch neue Impulse in den Vorträgen rüberbringen sollen.“ So schließt sich der Kreis zwischen 133 Jahren Erfahrung des Erfinders des Automobils und der Notwendigkeit, neue Kompetenzen im Unternehmen aufzubauen und neue Partnerschaften einzugehen. Dafür, meint Rudolph, stehe nicht zuletzt der Digital Life Day.

Was ist der Digital Life Day?

Den Digital Life Day (DLD) veranstaltet Daimler jedes Jahr, weil frühzeitig klar war, dass es für den Konzern auch wegen der rasant sich verkürzeenden Entwicklungsintervalle sehr wichtig ist, ein Forum für Austausch und Vernetzung zu haben, wo Mitarbeiter aus der ganzen Welt und aus ganz unterschiedlichen Bereichen und Arbeitsgebieten zusammenkommen.

Harald Rudolph mit seinem Team leitet den DLD, dessen Schirmherr von Anfang der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche war, dessen Nachfolger Ola Källenius in diesem Jahr die Rolle übernommen hat. „Es war uns klar, dass wir den Wandel von der Spitze aus gestalten wollen. Deswegen sind solche Events wie der DLD für uns enorm wichtig,“ sagt Rudolph.

Auf dem DLD stellen auf der Bühne zehn Teams ihre Konzepte vor, die von Rudolphs Team im Vorfeld ausgesucht wurden. „Die besten drei Ideen werden von uns dann entsprechend gefördert.“ Dann gilt es, diese Ideen innerhalb der nächsten Monate zu konkretisieren und umzusetzen. Weil die Ideen konzernintern entstanden sind, ist die Rate der Ideen, die nicht funktionieren, recht gering.