In Neidlingen wurde die erste digitale Rezeptsammelstelle in Baden-Württemberg eingerichtet. Die Nutzung ist bislang sehr verhalten, so die Bilanz nach gut zwei Monaten.

Neidlingen - Eigentlich ist es ganz einfach. An einer digitalen Rezeptsammelstelle können Rezepte für Medikamente an einem Terminal über das Internet an Apotheken geschickt werden. Die Apotheke liefert die Medikamente dann aus. Ende Januar wurde das erste Terminal dieser Art in Baden-Württemberg aufgestellt, und zwar in Neidlingen. Der Landesapothekerverband ist mit den bisherigen Erfahrungen zufrieden. Technisch funktioniere das Gerät einwandfrei. „Es läuft rund. Das Konzept geht auf“, sagt die Verbandssprecherin Carmen Gonzalez.

 

Der Vorteil einer digitalen Rezeptsammelstelle gegenüber der bisherigen Rezeptsammelstelle ist eine Zeit- und Kostenersparnis. Denn bei der herkömmlichen Rezeptsammelstelle muss der Apotheker die Rezepte erst abholen und dann zurück in die Apotheke fahren, um die Medikamentenlieferung zusammenzustellen. Diese Fahrt entfällt mit der digitalen Rezeptsammelstelle. Die Apotheke bekommt die Bestellung bereits über das Internet zugeschickt und kann die Lieferung dann direkt vor Ort zusammenstellen. Vor der Übergabe der Medikamente werden die Originalrezepte aus der digitalen Rezeptsammelstelle aber noch abgeholt und überprüft. Ausgeliefert werden die Arzneimittel dann von einem Apotheker oder einem pharmazeutisch-technischen Assistenten.

Weitere Rezeptsammelstellen in Baden-Württemberg

In den vergangenen zwei Monaten seien rund 60 Rezepte über die neue Sammelstelle an die zwei Apotheken in Weilheim geschickt worden. An der bisherigen, klassischen Rezeptsammelstelle waren es allerdings mehr. „Vorher waren es vielleicht 80 bis 100 Rezepte, die im gleichen Zeitraum eingeworfen wurden“, schätzt der Apotheker Hansjörg Egerer von der Adler-Apotheke in Weilheim.

Dass die neue Rezeptsammelstelle noch relativ verhalten genutzt wird, könne auch mit dem Standort zusammenhängen, meint die Sprecherin Gonzalez. Die bisherige Rezeptsammelstelle sei in unmittelbarer Nähe einer Arztpraxis gewesen. Für die digitale Rezeptsammelstelle sei dieser Standort aber nicht möglich gewesen, weil er nicht in einem Gebäude war. Die digitale Rezeptsammelstelle befindet sich nun in den Räumen der örtlichen Sparkasse, neben dem Geldautomaten. In den kommenden Wochen und Monaten könnten weitere digitale Rezeptsammelstellen die bisherigen Sammelstellen in Baden-Württemberg ersetzen, verrät Gonzales.

Dass mancher potenzielle Nutzer noch Vorbehalte gegen die Nutzung des Terminals hat, vermutet die Apothekerin Tilla Frank-Neumeyer von der Stadtapotheke in Weilheim. „Es ist halt ein Apparat. Ich vermute, dass es auch Leute gibt, die sich da nicht herantrauen“, erklärt sie. Allerdings glaubt die Apothekerin, dass das Geschäft mit der digitalen Rezeptsammelstelle in den kommenden Wochen und Monaten weiter anziehen wird. Dass die Nutzerzahlen anfangs eher verhalten sein würden, habe sie vermutet. „Es läuft derzeit so, wie ich es mir vorgestellt habe.“

Beratungstermine zur Nutzung des Terminals

Um die Hemmungen zur Nutzung des Terminals zu nehmen, hat die Gemeinde in den vergangenen Wochen Beratungstermine angeboten. „Meistens ist die Frage, wie es grundsätzlich funktioniert“, berichtet Katharina Karban. Die Gemeindemitarbeiterin berät Menschen bei Fragen rund um die Nutzung der digitalen Rezeptsammelstelle. Anfangs hätten ältere Menschen zuweilen Vorbehalte, das Terminal mit seinem Touchscreen zu nutzen. Nach einer kurzen Einweisung sei die Rückmeldung aber meistens, dass es doch ganz einfach zu bedienen sei, sagt Karban. Insgesamt hätten in den vergangenen zwei Monaten rund 25 Personen an den Infoterminen der Gemeinde teilgenommen.

Bisher gibt es mehr als 100 Rezeptsammelstellen im Land. Ein Grund für die vielen Rezeptsammelstellen ist, dass die Zahl der Apotheken in den vergangenen Jahren gesunken ist. Vor allem auf dem Land gibt es immer mehr Orte, wo es keine Apotheke mehr gibt. Die „Deutsche Apothekerzeitung“ berichtet, dass in Baden-Württemberg fast jede dritte Gemeinde keine Apotheke mehr im Ort habe. Doch nicht nur auf dem Land gebe es immer weniger Apotheken. Auch in Stuttgart sei die Apothekenzahl seit dem Jahr 2007 um 33 Standorte gesunken.