Die erste digitale Rezeptsammelstelle im Land hilft Kranken, schnell an Medikamente zu kommen.

Neidlingen - Früher war es ein Briefkasten, jetzt ist es ein Terminal. In Neidlingen wurde am Donnerstag auf Initiative des Landesapothekerverbands die erste digitale Rezeptsammelstelle in Baden-Württemberg in Betrieb genommen. Fast zeitgleich wurde im Saarland eine bundesweit zweite digitale Rezeptsammelstelle aufgestellt.

 

Mit dem neuen Gerät könnten zukünftig die bisherigen Rezeptsammelstellen in Briefkastenform ersetzt werden. Die digitale Rezeptsammelstelle steht im Foyer der örtlichen Kreissparkasse in Neidlingen. Das Gebäude gehört der Gemeinde und ist rund um die Uhr zugänglich.

Unter dem Touchscreen sind zwei Schlitze. In den oberen Schlitz wird das Rezept hineingesteckt. Im Inneren des Gerätes werden Vorder- und Rückseite gescannt und online an eine von zwei Apotheken in Nachbargemeinden übertragen. In Neidlingen selbst gibt es keine Apotheke. Auf dem Touchscreen können die Nutzer eine Nachricht an die Apotheke schreiben, wann sie beispielsweise zum Empfang der Medikamente Zuhause anzutreffen sind. Auf einer Quittung erfahren die Nutzer anschließend, wann ihnen die Medikamente geliefert werden.

Der Rezept-Briefkasten muss weichen

Früher diente auch in Neidlingen ein Briefkasten als Rezeptsammelstelle. Diesen Briefkasten mussten die Apotheken anfahren und die eingeworfenen Rezepte abholen. Dieser Arbeitsschritt entfällt mit der digitalen Rezeptsammelstelle. Das spart Zeit, was dem Nutzer in Form einer schnelleren Medikamentenlieferung zugute kommen soll. Ausgeliefert werden die Medikamente von Fachpersonal, einem Apotheker oder einem pharmazeutisch-technischen Assistenten der Partnerapotheken. Die Auslieferer fahren vor der Abgabe der Medikamente zur Rezeptsammelstelle und überprüfen dort vor der Auslieferung die Originalrezepte.

„Die Bürger müssen mit dem Bildschirm zurechtkommen“, erklärte Fritz Becker, der Präsident des Landesapothekenverbands und der Vorsitzende des Deutschen Apothekenverbandes, bei der Inbetriebnahme des Geräts. Ob die Rezeptsammelstelle von den Nutzern angenommen wird und ob sie technisch einwandfrei funktioniert, wird sich in den nächsten drei bis sechs Monaten zeigen. Während dieser Zeit wird das Terminal als Pilotprojekt vom Landesapothekerverband Baden-Württemberg und der Münchener Herstellerfirma VSA als Pilotprojekt unterhalten. Anhand technischer Daten und durch Umfragen unter den Nutzern soll das Gerät weiterentwickelt werden. Beispielsweise könnte die Schrift auf dem Bildschirm vergrößert werden, falls sie von älteren Menschen schlecht gelesen werden kann.

Es gibt immer weniger Apotheken

Der Hintergrund der Notwendigkeit von Rezeptsammelstellen ist ein Rückgang der Apothekenzahl, insbesondere auf dem Land. Seit dem Jahr 2007 habe die Apothekenzahl in Baden-Württemberg um mehr als zehn Prozent abgenommen, meldet die Deutsche Apothekerzeitung. Gleichzeitig mehre sich die Zulassung von Rezeptsammelstellen. Derzeit gebe es bereits mehr als 100 davon im Land. Den Standort Neidlingen, als eine von bundesweit zwei digitalen Rezeptsammelstellen, hat der örtliche Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich (CDU) ins Spiel gebracht. Hennrich ist im Gesundheitsausschuss des Bundestages.