Die EU-Kommission will, dass Verbraucher künftig einfacher eine Entschädigung einklagen können.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Künstliche Intelligenz (KI) gehört zu den großen Zukunftsverheißungen unseres digitalen Zeitalters. Selbstlernende Computerprogramme sollen Abläufe in Fabriken effizienter gestalten, bei der Vergabe von Bankkrediten entscheiden oder eines Tages selbstfahrende Autos durch den Verkehr steuern.

 

Doch wer haftet, wenn ein Mensch wegen einer künstlichen Intelligenz einen Schaden erleidet? Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Betroffene in Zukunft einfacher eine Entschädigung einklagen können. Sie hat am Mittwoch in Brüssel einen entsprechenden Gesetzentwurf präsentiert. Damit mache man den bestehenden Rechtsrahmen fit für die Realitäten des digitalen Wandels, ist EU-Justizkommissar Didier Reynders überzeugt.

Mehr Rechte für die Verbraucher

Die derzeitigen EU-Vorschriften zur Produkthaftung seien fast 40 Jahre alt und müssten modernisiert werden, hieß es in einer Mitteilung der Kommission. „Es geht darum, Rechtssicherheit für Unternehmen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Verbraucher gut geschützt sind, falls es zu Problemen kommt“, hieß es weiter. Dafür solle es einheitliche Regeln geben, die den Verbrauchern etwa den Zugang zu Informationen ermöglichen. Geschädigte sollen damit das Recht bekommen, Daten und Protokolle zur KI einzusehen und diese als Beweismittel zu nutzen. Außerdem müssten Anbieter von KI mit der neuen Regelung in einem Schadensfall nachweisen, dass ihre Technologie nicht für den Unfall verantwortlich ist. Der Vorschlag der Kommission muss noch vom Europäischen Parlament und den EU-Staaten angenommen werden.

EU-Politiker begrüßen das Papier

Politiker des Europaparlaments begrüßen einhellig den Vorstoß der EU-Kommission. „Die jetzt vorgestellte Anpassung der seit 1985 geltenden Produkthaftungsregeln ist notwendig“, erklärte der SPD-Abgeordnete René Repasi, schränkt aber im selben Atemzug ein: „Die jetzt vorgeschlagenen Haftungsregeln für Systeme künstlicher Intelligenz führen weder eine Gefährdungshaftung noch eine echte Beweislastumkehr zu Gunsten der Geschädigten solcher Systeme ein.“

Ähnlich argumentiert die Grünen-Abgeordnete Anna Cavazzini. Sie bemängelt, dass es auch weiter „eine große Anstrengung erfordern wird, um tatsächlich Schadenersatz zugesprochen zu bekommen“. Die Grünen im Europaparlament fordern aus diesem Grund „eine Umkehr der Beweislast“ zugunsten der Geschädigten.

Positive Resonanz vom Handwerk

Positive Resonanz kommt auch von Seiten der kleinen Unternehmen, die in ihrem Arbeitsalltag immer häufiger mit KI-gesteuerten Apparaten konfrontiert werden. So sagt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks: „Wenn ein Sanitär-Betrieb künftig eine Heizung mit KI einbaut und aktiviert, die eigentliche KI aber nicht beeinflusst, wird entsprechend der vorgeschlagenen Kriterien im Schadensfall nicht der einbauende Sanitär-Betrieb haften, sondern der Hersteller der Heizung oder der sie steuernden Software.“

Nicht nur auf die Probleme starren

Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber warnt in diesem Zusammenhang allerdings, beim Thema Künstliche Intelligenz allein auf die Risiken zu starren. „Wer nur über Haftungsregeln und Schadensersatz spricht, wird sicher nicht Weltmarktführer für Zukunftstechnologie“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion. Es dürfe nicht passieren, dass eine vielversprechende Technologie „am Ende in Europa unter einer Klagelawine begraben wird“.