Weltweit wurde 2014 erstmals mit digitaler Musik gleich viel umgesetzt wie mit dem Verkauf von Platten. Zwar sind deutsche Hörer besonders konservativ. Doch Unternehmen aus dem Land zeigen, wie man auch digital Geld verdienen kann.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Vor ziemlich genau zwanzig Jahren bekam das Kind, das die Musikindustrie in eine existenzielle Krise stürzen sollte, einen Namen: MPEG-1 Audio Layer 3, kurz: MP3. Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts, wo das Format zur digitalen Kompression von Musikdateien entwickelt wurde, einigten sich auf diese Dateiendung. Musik im großen Ausmaß zu kopieren und weiterzugeben war von da an dramatisch einfacher und komfortabler. Das Internet und illegale Tauschbörsen wie Napster taten ihr Übriges: die Musikindustrie, die mit dem Verkauf von Tonträgern bis dato bestens verdient hatte, sah Umsätze und Gewinne schwinden. Nach der ersten Schockstarre wehrte sie sich überwiegend vergeblich mit Kopierschutz und juristischen Mitteln gegen die Raubkopiererei und nahm erst dann digitale Kanäle auch als Chance wahr: als neuen, weltweiten, günstigen Vertriebsweg zum Beispiel.

 

Zwanzig Jahre nach der Einführung von MP3 zeigt sich, dass diese Strategie aufgeht: diese Woche meldete der Weltverband der Musikindustrie IFPI, dass digitale und physische Musikverkäufe 2014 weltweit erstmals gleich viel Umsatz erbracht haben. Jeweils etwa 6,9 Milliarden US-Dollar (umgerechnet knapp 7 Milliarden Euro). Die Zahlen bewiesen, „wie stark die Musikindustrie sich an die Wünsche der Konsumenten angepasst hat“, sagte der IFPI-Chef Frances Moore.

2361 Euro für 34 Millionen Klicks

Im digitalen Raum Geld zu verdienen heißt zum einen, Musikdownloads etwa über Plattformen wie das 2001 von Apple in den USA gestartete iTunes zu verkaufen. Für die Verbraucher ist der digitale Musikkauf in der Regel etwas günstiger als der Erwerb einer CD oder Schallplatte; Herstellung und Vertrieb sind für die Plattenfirmen günstiger, dafür greifen Plattformen wie iTunes oder spezialisierte Digitalvertriebe einen Teil der Umsätze ab (siehe Interview). Geld lässt sich aber auch über die zunehmend beliebten Streamingdienste wie Spotify oder Deezer verdienen. Die lizenzieren Musik von den Plattenfirmen und beteiligen diese an den Abogebühren von typischerweise zehn Euro im Monat.

Mehr und mehr Konsumenten wollten einen Zugang zur Musik, anstatt Musik zu besitzen, glaubt der IFPI-Chef Frances Moore. Allerdings sind die Erlöse bei diesem Modell sehr gering; pro abgespieltem Song wird nur der Bruchteil eines Eurocents ausgeschüttet. Diese Woche teilte Geoff Barrow, Bassist der Band Portishead, mit, dass die von ihm geschriebenen Songs seiner Band 34 Millionen Mal gestreamt worden seien. Sein Einkommen daraus: 1700 Pfund, etwa 2361 Euro. Solchen Zahlen zum Trotz: weltweit steigen die digitalen Erlöse, jene aus dem Verkauf physischer Tonträger gehen zurück. 41 Millionen Nutzer haben Abos bei Streamingdiensten abgeschlossen. Noch mehr Umsätze generieren derzeit nur Musikdownloads.