Durch die Digitalsierung der Wirtschaft fallen Arbeitsplätze in etablierten Branchen und Unternehmen weg – dafür entstehen an anderer Stelle neue Jobs. Bei einem Symposium in Berlin haben Experten und Manager über die Konsequenzen dieser Entwicklung diskutiert.

Berlin - Ob der Zimmervermittler Airbnb oder das Bezahlsystem Paypal – im Zeitalter der Digitalisierung bringen Internetplattformen althergebrachte Geschäftsmodellen mächtig ins Wanken. „Die digitale Arbeitswelt stellt Unternehmen, Arbeitnehmer und Politik vor große Herausforderungen, bietet aber auch enorme Potenziale“, sagte Klaus Zimmermann, der Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), am Mittwoch auf einer Fachtagung der Ludwig-Erhard-Stiftung und des IZA in Berlin.

 

Die digitale Wirtschaft in Deutschland, so der Arbeitsmarktforscher, sei heute mit der Automobilbranche vergleichbar und habe den traditionellen Maschinenbau bei der Zahl der Beschäftigten und der Unternehmen bereits überholt. Zwar würden viele Unternehmen und mächtige Wirtschaftszweige verschwinden, prophezeit Zimmermann – zugleich würden aber neue Tätigkeitsfelder, Firmen und ganze Branchen neu entstehen. Die „digitale Arbeitswelt“ sorgt seiner Meinung nach nicht für weniger, sondern nur für andere Arbeit. Immer wieder hätten neue Technologien einen umfangreichen Wandel eingeläutet. „Das Ende der Arbeit ist uns dabei schon öfter vorhergesagt worden.“ Doch auch heute sei es nicht in Sicht - ganz im Gegenteil.

Die Risiken verlagern sich

Die wirtschaftlichen Risiken in der Arbeitswelt würden sich künftig immer mehr von den Unternehmen zu den Arbeitnehmern verlagern. „Arbeitnehmer werden zu Unternehmern in Unternehmen, zu Arbeitnehmerselbstständigen“, sagte Zimmermann. Als Beispiel nannte der IZA-Direktor den Fahrdienstvermittler Uber. Das US-amerikanische Start-up bringt per App private Fahrer und Fahrgäste zusammen. Das Prinzip lasse sich auch auf viele andere Berufsgruppen ausweiten. Dieser Trend werde für die sozialen Sicherungssysteme ganz neue Herausforderungen ergeben.

Die Digitalisierung verschiedenster Geschäftsbereiche stellt aber auch die Wettbewerbshüter vor große Herausforderungen, wie auf dem Berliner Symposium deutlich wurden – fällt doch in Zusammenhang mit großen IT-Riesen wie Amazon, Facebook und Google immer wieder der Begriff der Monopolisierung. „Wir müssen für die Zukunft darauf achten, dass die Marktpositionen angreifbar bleiben, dass also die Märkte tatsächlich offen bleiben“, sagte Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamts. Bevor das Wettbewerbsrecht angepasst werden sollte, müssten jedoch erst einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene fortentwickelt werden, meint Mundt. „Es müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen geschaffen werden“, fordert der Kartellamtspräsident. Ein besonderes Augenmerk müsse hier vor allem auf die Themen Steuervermeidung, Datenschutz und Urheberrecht gelegt werden.

„Wir wollen Bewegung, wir wollen den Wettbewerb, wir wollen, dass neue Konzepte alte herausfordern“, ergänzte Achim Wambach, Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik und Mitglied der Monopolkommission. Wettbewerbsökonomen hätten nicht die Aufgabe, etablierte Unternehmen zu schützen, sondern Möglichkeiten für fairen Wettbewerb zu schaffen.

Uber-Deutschland-Chef plädiert für Wettbwerb

„Wettbewerb ist gut. Wenn wir in im Wettbewerb nicht bestehen, dann waren wir nicht der richtige Anbieter“, sagte Fabien Nestmann, der Deutschland-Chef des umstrittenen Fahrdienstvermittlers Uber. Angesichts konkurrierender Plattformen wie etwa MyTaxi müsse man sicherstellen, dass sowohl Fahrer als auch Nutzer Uber attraktiv finden. Dazu sei es unerlässlich, Daten zu sammeln, sagte Nestmann zu einem der Kritikpunkte, die große Internetfirmen immer wieder zu hören bekommen. Auch der Suchmaschinen-Gigant Google, der allein in Deutschland einen Marktanteil von mehr als 90 Prozent hat, müsse sich ständig in einer konkurrierenden Landschaft positionieren, wie Matt Brittin, der Chef von Google Europa sagte: „Die Leute haben die Wahl – und die nutzen sie auch.“

Das Symposion „Wohlstand für alle - Soziale Marktwirtschaft in Zeiten der digitalen Revolution“ der Ludwig-Erhard-Stiftung wurde zum Gedenken an Ludwig Erhard, den zweiten Bundeskanzler der Bundesrepublik, veranstaltet, der am 4. Februar 1897 in Fürth geboren wurde.