Seit Donnerstag empfängt rund die Hälfte der Kabel-TV-Seher in Baden-Württemberg das Signal nur noch digital. Im Großraum Stuttgart erfolgt die Umstellung am 6. Juni. Insgesamt sind rund 100 000 Kunden vom Aus für das analoge Kabel-TV betrofen.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Donnerstag, 8 Uhr ging im südlichen Baden-Württemberg für Zehntausende Kabel-TV-Kunden ein Fernsehzeitalter zu Ende. Wer als Unitymedia-Kunde nicht auf das digitale Signal umgestellt hatte, empfing ein Testbild mit dem Hinweis, dass es kein analoges Signal mehr gibt. Der Kabelnetzbetreiber, der fast alle Kabelhaushalte im Südwesten direkt oder indirekt mit seinem Kabelsignal versorgt, schaltete zu diesem Zeitpunkt als erster großer Kabelnetzbetreiber in Deutschland das analoge Fernsehen ab. Bis Ende Mai hatten nach Schätzungen von Unitymedia und der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg noch fünf Prozent der Kunden analog – das sind in Baden-Württemberg rund 100 000 Kunden.

 

Ende 2016 waren es noch rund 200 000 Analog-Zuschauer in Baden-Württemberg gewesen. „Wir freuen uns, dass unsere intensive Informationskampagne der letzten Monate Früchte getragen hat“, verkündete die Unitymedia-Unternehmensspitze. Auf die Digital-Skeptiker will der Konzern in den nächsten Tagen zugehen. So sollen in den größeren Städten wie Stuttgart Infobusse unter anderem über die Vorteile des digitalen Fernsehens informieren. Außerdem verstärke man die Hotline und stelle sich in den Unitymedia-Shops auf mehr Kundenbesuche ein.

Viele kümmern sich erst, wenn der Bildschirm bereits schwarz ist

Tatsächlich hatte Unitymedia seit Monaten im Internet, Rundfunk und in Zeitungen über die Umstellung informiert und alle Kunden angeschrieben. Der Zeitplan war eindeutig: Ab dem 1. Juni wird der südliche Teil Baden-Württembergs nur noch digital versorgt – darunter Göppingen, Reutlingen, Horb und Aalen. Am 6. Juni wird im nördlichen Landesteil mit den Einzugsgebieten Stuttgart, Ludwigsburg, Böblingen, Esslingen, Pforzheim, Karlsruhe, Heilbronn, Bad Mergentheim und Mannheim das analoge Signal abgeschaltet. Später folgen Nordrhein-Westfalen und Hessen.

Dabei zeigte ein Laufband auf den Fernseher in den vergangenen Wochen an, wer noch das analoge Signal empfing. Warum sich dennoch offensichtlich viele Kunden nicht rechtzeitig um eine Umstellung kümmerten, erklärte sich Stefan Vollmer von der Deutschen TV-Plattform so: „Viele Menschen reagieren erst, wenn der Bildschirm schwarz wird.“

Von der Umstellung sind vor allem Besitzer von Röhrenfernsehern betroffen, wie sie in Seniorenwohnung gelegentlich noch in den Wohnzimmern und bei Jüngeren als Zweitgerät in den Schlafzimmern stehen. Die Geräte haben ähnlich wie Flachbildschirmfernseher, die vor 2010 produziert wurden, den integrierten Digitaltuner, DVB-C genannt, nicht integriert. Dieser ist aber notwendig, um das digitale Signal zu empfangen. Hierfür müssen die Kunden im Elektronikhandel einen Digitalreceiver für das Kabelfernsehen (DVB-C) kaufen, den es in der Regel für ab 30 Euro gibt, sagte Vollmer. Eine Alternative sei, sich einen neuen Flachbildschirm anzuschaffen, den es ab etwa 200 Euro zu kaufen gebe. Denn Röhrenfernseher könnten auch mit Hilfe des Receivers die höhere Bildauflösung des digitalen HD-Standards nicht darstellen, betonte Vollmer.

Die Elektronikmärkte der Region profitieren von der Umstellung

Dass sich derzeit viele doch noch um die Umstellung kümmern, zeigt eine Kurz-Umfrage unserer Zeitung bei den Elektronikmärkten der Region. Aus dem Landkreis Göppingen, wo das analoge Signal am Donnerstag abgeschaltet wurde, hieß es beim Media-Markt Eislingen: „Heute ist die Abschaltung das Hauptthema bei den Kunden.“ Seit rund drei Wochen sei die Nachfrage nach Receivern und Flachbildfernsehern mit eingebauten Kabelreceivern deutlich gestiegen. Aber man habe rechtzeitig die Waren aufgestockt. Auch die Elektronikmärkte in der Region Stuttgart, wo die Abschaltung großteils erst am 6. Juni erfolgt, haben vorgesorgt und melden ebenfalls seit einigen Wochen eine größere Nachfrage. „Wir sind auf den Ansturm vorbereitet und können die Kunden informieren“, hieß es. Genaue Verkaufszahlen wollte aber niemand präsentieren.

Dass die Umstellung vom analogen auf das digitale Fernsehen sinnvoll ist, wird von den TV-Experten nicht angezweifelt. „Durch die Digitalisierung können mehr regionale Fernsehsender in Baden-Württemberg in besserer Qualität eingespeist werden“, sagte ein Sprecher der Landesmedienanstalt Baden-Württemberg. Und ein Fernsehexperte der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz betonte: „Die Kabelnetzbetreiber verwenden die frei werdenden Kapazitäten auch dazu, um die Bandbreite bei den frei werdenden Internetanschlüssen zu erhöhen.“