Digitalisierung in Baden-Württemberg Und wer blecht künftig fürs Digitale an der Schule?

Was heißt Schnitzel mit Pommes auf Englisch? Die meisten Lehrer im Land haben inzwischen Dienst-Tablets. Foto: dpa/Britta Pedersen

Wie geht es bei der Schuldigitalisierung weiter? Laut einer Umfrage bei Rektoren gab es Fortschritte im Land. Jetzt stockt der Trend. Nicht nur der Lehrerverband VBE ist besorgt.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Beim Stand der Digitalisierung an Schulen im Südwesten zeichnet eine Umfrage unter Rektoren ein gemischtes Bild. Im Trend haben die Schulen in Baden-Württemberg laut der Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) bundesweit gemacht hat, bei der Hardware aufgeholt. Bei weichen Faktoren der Digitalisierung dagegen besteht Nachholbedarf.

 

Nach Auskunft der 235 befragten Schulleiter (insgesamt: 1308), haben inzwischen 74 Prozent der Schulen Breitbandanschluss und W-Lan in allen Klassen- und Fachräumen (gegenüber bundesweit 66 Prozent). 2019 waren es noch vierzig Prozent. 68 Prozent der Rektoren – so viele wie im Bundesgebiet – sagen, dass es an ihrer Schule Dienstlaptops für alle Lehrkräfte gibt; zwei Prozent haben gar keine, sechs Prozent nur digitale Geräte für einzelne Lehrkräfte.

Nachholbedarf bei Email-Adressen

Weit weniger gut ist bundesweit der Ausrüstungsstand der Schüler. Nur an elf Prozent der Schulen gibt es im Südwesten Klassensätze mit Laptops oder Tablets für alle Schüler. Das liegt sogar noch um zwei Prozent über den Durchschnitt in Deutschland. Im Rückstand sind die baden-württembergischen Schulen laut der Forsa-Umfrage bei den dienstlichen Email-Adressen der Lehrkräfte. 84 Prozent der Lehrer im Südwesten haben eine, im Bund sind es neunzig Prozent. Auch bei den digitalen Kenntnissen ist der Südwesten leicht im Rückstand. 38 Prozent der Schulleiter im Land sagen, dass alle oder fast alle Lehrkräfte bereits an einer Fortbildung zum Einsatz digitaler Mittel im Unterricht teilgenommen hat (46 Prozent im Bund). Nur 42 Prozent der hiesigen Schulleiter bescheinigt Junglehrern kurz nach der Ausbildung, dass sie gut auf den Umgang mit digitalen Medien vorbereitet seien; in ganz Deutschland sind es immerhin knapp die Hälfte, nämlich 47 Prozent.

Wird die Digitalisierung verschleppt?

Der VBE-Landeschef Gerhard Brand warnt davor, sich auf dem Schub, den die Pandemie bei der Digitalisierung gebracht hat, auszuruhen. „Wir sind noch längst nicht da, wo wir sein müssten.“ Als Grund nennt er „die Hängepartie“ zwischen Bund, Land und Kommunen bei der Frage der weitere Finanzierung von Kauf und Wartung digitaler Endgeräte für Lehrkräfte. Brand fürchtet: „Auf dem Rücken dieser Streitigkeiten wird die Digitalisierung verschleppt oder gar zurückgefahren.“

Der Streit wird mit wachsender Verve geführt. Für den Kauf weiterer Lehrerlaptops ist im Landeshaushalt kein Geld eingestellt. Die Wartung, deren Kosten zwischen Land und Schulträgern ebenfalls strittig ist, ist nur bis Ende 2023 finanziert.

Ministerpräsident Kretschmann ist wegen kommunalen Forderungen nach mehr Geld für die Schuldigitalisierung vor kurzem geradezu explodiert. „Das Land muss überhaupt nicht blechen. Erst mal müssen die Kommunen blechen“, wetterte er. Sie seien schließlich für die Sachausstattung zuständig. In Verhandlungen könne man sich dann einigen, wie das Land die Kommunen dabei unterstütze.

Das Problem mit der Wartung

Dass viele Lehrkräfte die IT-Wartung ihrer Schule übernommen haben, geht dem Regierungschef angesichts des herrschenden Lehrermangels zunehmend gegen den Strich: Je mehr Wartungsarbeiten Lehrkräfte übernehmen, desto mehr „Entlastungsstunden“ stehen ihnen zu. Das belastet die Unterrichtsversorgung. Das regt auch die SPD im Landtag auf. Per Anfrage an die Landesregierung hat die Fraktion herausgefunden, dass die Wartung der Schulcomputer 2021 bereits mehr als 14 200 Unterrichtsstunden gekostet hat. Das entspricht fast 550 Lehrerstellen.

SPD fordert mehr Mittel vom Land

Die Zahlen wertet auch der SPD-Fraktionschef Andreas Stoch als Beleg, dass zusätzliche IT-Fachkräfte gebraucht werden. „Die derzeitige Praxis der Systemadministration an unseren Schulen ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, klagt Stoch. „In keinem Unternehmen betreuen digital affine Mitarbeitende nebenbei die IT. Deshalb muss die Landesregierung endlich Geld in die Hand nehmen und die Schulträger bei der Einstellung von IT-Administratoren unterstützen.“ Auch Gerhard Brand vom VBE betont, dass aus den Schulbudgets alleine Wartung und Instandhaltung nicht zu stemmen sind. „Je länger es unklar ist, wer die Finanzierung übernimmt, desto mehr geraten die Schulen ins Hintertreffen“, warnt er.

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