Im Schulbeirat sind Eltern und Lehrer bestürzt über das Ausbautempo bei der Digitalisierung der Stuttgarter Schulen. Die Schulbürgermeisterin räumt ein, es fehle an den Ressourcen.

Stuttgart - Beim Thema Digitalisierung der Schulen lässt sich die Landeshauptstadt Zeit. In zehn Jahren schließlich, so der Plan von Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP), soll auch die letzte Schule in Stuttgart komplett onlinefähig sein. Im Schulbeirat am Dienstag traf dieser Plan auf Unverständnis – und auf alternative Vorschläge.

 

„Wir wussten nicht, ob wir lachen oder weinen sollen“, sagte Katrin Grix, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats (GEB) der Stuttgarter Schulen, und zitierte die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die habe gesagt, in drei bis vier Jahren solle jede Schule in Deutschland ans Breitbandnetz angeschlossen sein. In Stuttgart sind von den 160 städtischen Schulen bisher lediglich 25 voll vernetzt. Grix kritisierte den Plan, dass in den nächsten fünf Jahren die 135 allgemeinbildenden und weiterführenden Schulen inklusive der Sonderschulen ein bis zwei Koffer mit je 16 Tablets erhalten sollen. Das reiche nicht aus, so Grix. Die Stadt möge doch bitte jeder weiterführenden Schule zumindest einen vollständigen Klassensatz bereitstellen, noch besser 64 Tablets pro Schule. „Sechs Jahre sind in der Digitalisierung ein Quantensprung“, gab die Elternvertreterin zu bedenken.

Schulbürgermeisterin Fezer: Das Problem ist der Breitbandausbau in dieser Stadt

Fezer konterte: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Tablets unser Problem sind – das Problem ist die Verkabelung, ist der Breitbandausbau in dieser Stadt.“ Und sie ergänzte: „Wenn uns die Bundeskanzlerin die Ressourcen dafür zur Verfügung stellt, dann wird der Gemeinderat das auf den Weg bringen.“ Ohne derlei Unterstützung dauere es länger. Bis 2021 sollen 46 Schulen ans städtische Glasfasernetz angeschlossen werden. In den beiden nächsten Doppelhaushalten sind dafür jährlich sechs Millionen Euro veranschlagt.

„Die Richtung stimmt, das Tempo ist bestürzend“, meinte Michael Hirn, der geschäftsführende Schulleiter der Sonderpädagogischen Bildungszentren (SBBZ). Es könne doch nicht sein, dass manche Schulen erst in zehn Jahren ausgestattet sein würden. Hirn schlug vor, „mit den Tablets oder Notebook-Wagen Zwischenlösungen zu bieten, bevor die Schule voll vernetzt werden kann“. Und, im Gegensatz zum städtischen Plan, solle man, so Hirn, lieber Schulen priorisieren, die auch innovationsbereit seien und nicht Schulen, die zufällig elektrosaniert werden.

Schulleiter fordern rasche, praktikable, sichere und rechtlich einwandfreie Lösungen

Um gute Zwischenlösungen bat auch Barbara Koterbicki, die geschäftsführende Schulleiterin der Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen. Für die Schulen sei das Ausbautempo ein bitterer Apfel. Ihr Kollege Herbert Bläsi von den beruflichen Schulen und Leiter der Steinbeisschule bat, handwerklich orientierte Schulen nicht hintanzustellen und den zeitlichen Rahmen „bitte etwas enger abzustecken: zehn Jahre sind im Silicon Valley drei bis vier Generationen“, so der Pädagoge. Bläsi forderte „rasche, praktikable, sichere und rechtlich einwandfreie Lösungen“.

Bereits im Juli hatten die geschäftsführenden Schulleiter gebeten, die erheblichen Ausstattungsunterschiede zwischen den Schulen auszugleichen. Fezer räumte ein, es sei schwierig, den Ausbau so zu betreiben, dass keine Schule gekniffen sei. Die Stadträte hielten sich mit inhaltlichen Aussagen zurück, verwiesen auf die Haushaltsberatungen. Marita Gröger (SPD) schlug den Nichtstadträten vor: „Schauen Sie doch auf die Anträge der Fraktionen.“