Der Online-Handel hat beim Umgang mit Geschäftskunden eigene Gesetze. Der Stuttgarter Spezialversender Takkt hat sich schon früh darauf eingestellt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Takkt? Machen die nicht irgendetwas mit Büromöbeln? Die Stuttgarter Firma, die 1945 als der Lieferant von Industriebedarf Kaiser + Kraft begann und sich seit 1985 unter dem Dach der Duisburger Haniel-Holding befindet, will sich schon seit langem von diesem Image lösen. Man sei kein Büroausstatter, sondern ein Spezialversandhändler, heißt es. Die Firma, die im vergangenen Jahr mit 2300 Mitarbeitern gut eine Milliarde Euro Umsatz machte, hat den Schreibtisch fürs Büro ebenso im Programm wie Kühlschränke und das Geschirr fürs Restaurant, den Gefahrstoffschrank fürs Lager oder den Messestand. „Wir haben übrigens auch immer noch Sackkarren im Angebot“, sagt Takkt-Chef Felix Zimmermann über die noch vorhandenen Verbindungen zu den eigenen Wurzeln.

 

Versandhandel für Geschäftskunden, das klingt zunächst einmal wenig sexy. Doch das Geschäft ist mit 16 Marken und 300 000 verschiedenen Artikeln weit gefächert. Der Verkauf von Ausstattungsgütern an professionelle Kunden folgt im Vergleich zum normalen E-Commerce eigenen Gesetzen: Ein Privatkunde ist in einer Person derjenige, der selektiert, bestellt, bezahlt und am Ende auch die Sendung in Empfang nimmt. In Firmen ist das arbeitsteilig organisiert. Während heutzutage jedes Start-up fertig programmierte Online-Shops von der Stange nutzen kann, sind die Aufgaben beim Geschäft mit Firmenkunden komplexer.

„Wir haben Kunden, bei denen sind wir direkt im Einkaufssystem angedockt“, sagt Zimmermann. Auch der Beratungsbedarf ist höher: „Es ist etwas anderes, ob jemand für sich selber einkauft oder Geld für die Firma ausgibt. Da werden Aufträge immer auch noch gern am Telefon abgeschlossen, um Rückfragen schnell klären zu können.“ Takkt bietet deshalb den Dialog mit Beratern an, die per Video zugeschaltet sind und in einem Ausstellungsraum die Produkte live präsentieren. Auch eine neue Vertriebsapp für Außendienstmitarbeiter ermöglicht den direkten Zugriff zu allen Informationen. Der traditionelle, gedruckte Katalog hat aber bei den Geschäftskunden immer noch seinen Platz. Der Trend geht sogar dahin, dass Ausstattung und Anmutung aufwendiger werden – sozusagen als Gütebeweis.

Takkt setzt auf das Thema Nachhaltigkeit

Der Umgang mit Ausstattungsgütern ist anders: Sie sind weniger Modetrends unterworfen, es geht um Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Nachhaltigkeit. „Wir müssen den Bedarf nicht erst wecken – Arbeitsplätze werden von der Funktion her gedacht.“ Bei der Lieferung zählt jede Stunde. In den USA legt Takkt inzwischen jedem Produkt für den Versand einen GPS-Sender bei. So kann der Kunde selber auf Google-Maps verfolgen, wo seine Bestellung genau steckt. Dies ist viel genauer als die inzwischen übliche Sendungsverfolgung, wo man beispielsweise nur sieht, ob ein Artikel schon versandt wurde. Nach dem Empfang der Ware schickt der Kunde den Sender per Post wieder zurück.

Bisher ist bei geschäftlichen Orders das Kaufverhalten der Kunden noch erstaunlich konservativ. „Auf dem Markt gibt es enorme Wachstumschancen: Was wir anbieten, wird selbst in den USA noch zu 75 Prozent von lokalen Händlern gekauft“, sagt Zimmermann. Inzwischen kommt bei Takkt 36,5 Prozent des Auftragsvolumens online herein – ein fast doppelt so hoher Anteil wie vor fünf Jahren. Was die Erlöse angeht, sieht man diesen Wandel im Gegensatz zu manch anderer Branche gelassen: Das sei genauso profitabel wie das bisherige Geschäft, sagt Zimmermann. Die Ziele sind ehrgeizig: Takkt will jährlich um zehn Prozent wachsen und durch eine Diversifizierung sowohl regional als auch von den Produkten her die bisherige Konjunkturanfälligkeit verringern.

Zudem will sich der Takkt-Mehrheitseigentümer Haniel dem Thema Innovation und Start-ups stärker öffnen. Die Online-Plattform Certeo, die sich an kleinere Unternehmen richtet, wurde bereits als eine Art internes Start-up hochgezogen. Und Takkt ist auch bei einem neuen, Schacht 1 genannten Zukunftsprojekt dabei. Auf dem Gelände der 1847 von Haniel erschlossenen, einstigen Zeche Zollverein ist im April ein neues Kreativzentrum namens Schacht 1 eröffnet worden. Dort sollen in Kooperation mit der Innovationsberatung Etventure innovative, digitale Strategien erdacht werden: „Das ist auch für uns ein Ort, wo wir über neue Geschäftsmodelle nachdenken,“ sagt Zimmermann.