Die Konferenz Open 2017 in Stuttgart schlägt den Bogen von wirtschaftlichen Themen zu sozialen Fragen. Die Prognose: Roboter und Künstliche Intelligenz werden den Arbeitsmarkt rasch umkrempeln.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Die Veranstaltung Open 2017 der MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg wirbt, wie ihr Name sagt, für offene Innovation. Mitveranstalter ist die Open Source Business Alliance, eine Interessenvertretung von Unternehmen, deren Geschäftsmodell darauf basiert, dass IT und Daten nicht von einzelnen Unternehmen monopolisiert, sondern geteilt werden. Das ist bei Großkonzernen oder dem industriellen Mittelstand noch selten zu finden.

 

Das Thema künstliche Intelligenz stand bei der dritten Ausgabe der Veranstaltung im Mittelpunkt – und hier vor allem die Frage, wie intelligente Maschinen unsere Arbeitswelt revolutionieren. Philosoph und Bestsellerautor Richard David Precht, Hauptredner des Events, gab in seinem einleitenden Vortrag die Richtung vor.

Über die ökonomische Perspektive hinausgehen

Er distanzierte sich von der üblichen Art wie in der Wirtschaft über den digitalen Umbruch geredet wird: „Sie haben da die Ratgeber, die ihnen sagen, wie sie ultimativ ihr Unternehmen vorbereiten. Da steht auf jeder Seite eine Grafik, das ist gespickt mit englischen Wörtern – und in jedem steht dasselbe.“ Schluss mit dem politischen und ökonomischen Kleinklein bei der Diskussion um das Thema Digitalisierung, so lautete seine Kernthese: „Mich interessieren die gesellschaftlichen Auswirkungen. Aber sie haben selten Vorträge über die Zukunft der Arbeit, die zu Ende gedacht werden.“

Binnen weniger Jahre werde eine Welle der Massenarbeitslosigkeit über das Land schwappen. „Blöde Arbeit wird verschwinden – und das ist gut so.“ Immer mehr Dienstleister vom Busfahrer über den Sachbearbeiter bis hin zum Übersetzer könnten durch Roboter und künstliche Intelligenz ersetzt werden. Wirtschaft, Politik und Gesellschaft müssten sich für gewaltige Erschütterungen wappnen, prognostizierte Precht: „Wir leben im größten gesellschaftlichen Umbruch seit 250 Jahren.“ Bedingungsloses Grundeinkommen, ein neues Steuersystem, das Arbeitnehmer nicht mehr gegenüber Robotern benachteilige sowie ein konsequentes Vorgehen gegen Datenkraken wie Google oder Facebook seien elementare Fragen für das Überleben der Demokratie: „Aber haben sie während der laufenden Koalitionssondierungen irgendwas davon gehört?“, fragte der Philosoph.

Peter Ganten von der Open Source Business Alliance zeigte sich optimistischer: „Wenn wir erst die Probleme und dann die Chancen gesehen hätten, dann hätten wir nicht gegründet.“ Künstliche Intelligenz werde zu einem lebenswerten Leben beitragen – wenn die Rahmenbedingungen stimmten: „Wir brauchen eine Pluralität bei der künstlichen Intelligenz, bei ihren Algorithmen und Technologien.“ Das Monopol bei den Suchmaschinen zu brechen, sei eine solche Kernfrage: „Erst wenn wir Unterschiede sehen, können wir Fragen stellen, erst dann haben wir echte Wahlfreiheit“, sagte Ganten.

Das Monopol der Suchmaschinen soll weg

Dirk Helbing, Professer für Computer-Sozialwissenschaft, warnte vor dem naiven Glauben an die Daten-Gurus: „Bedeuten mehr Daten mehr Wissen?“ Er nannte groteske Beispiele für Sachverhalte, für die mit hohem Rechenaufwand eine Korrelation nachgewiesen wurde. So gebe es internationale Statistiken, mit denen man vermeintlich eine Abhängigkeit der Zahl der Serienmörder vom Schokoladenkonsum nachweisen könne. „Da würden sie dann in der Schweiz besonders gefährlich leben“, sagte der in Zürich lebende Wissenschaftler. Auch er plädierte dafür, die auf offenen Daten beruhende Ökonomie zu fördern: „Wir brauchen neben der alten Ökonomie eine neue, die durch Kooperation und nicht durch Rationalisierung funktioniert.“

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