Riad Mansour ist Palästinas Mann bei den UN. Er will vom Beobachter endlich zum Botschafter der Palästinenser aufsteigen.

Stuttgart - UN-Botschafter nennt er sich selbst, obwohl es genau betrachtet palästinensischer Beobachter heißen müsste. Denn ein volles Mitglied in der Weltgemeinschaft sind die Palästinenser noch nicht und auch kein Staat, aber nach Riad Mansours Überzeugung auf bestem Wege, einer zu werden. Er nennt es "die Ernte einfahren", die das palästinensische Volk in seinem Kampf für Unabhängigkeit gesät habe. Kampf, Volk, Befreiungsbewegung? Das alte PLO-Vokabular ist geblieben. Aber aus dem Munde Mansours klingt das distinguierter als seinerzeit bei Yassir Arafat, der 1974 mit der Pistole im Halfter vor den UN auftrat. Mansour, geboren 1947, als es noch das Mandatsgebiet Palästina gab und kein Israel, zählt zwar zur alten Führungsgeneration, aber er kämpft mit den Waffen der Diplomatie, unter gezieltem Einsatz jovialen Herrencharmes.

 

Dass er vor seiner UN-Karriere ein erfolgreicher palästinensisch-amerikanischer Geschäftsmann war, hilft. Er versteht sich darauf, Kontakte zu machen. "Wo immer sich ein Zigarrenclub findet, ist Mansour nicht weit", sagt seine frühere israelische UN-Kollegin, Gabriela Schalev, über ihn. Aber vor allem kennt sich Mansour mit den Kniffen und Trick des komplizierten UN-Räderwerks wie keiner sonst in der PLO aus. Auf ihn kommt es an, wenn die Palästinenser sich im September an die UN-Vollversammlung wenden wollen, um sich ihr Recht auf staatliche Unabhängigkeit bescheinigen zu lassen.

"Verhandlungen auf Augenhöhe"

Dass sie diesen Schritt tun, steht für Mansour außer Frage. Das sei längst beschlossene Sache, abgesegnet von den höchsten PLO-Führungszirkeln, tut er in Ramallah alle Zweifel ab. Worauf es ankomme, sei nur noch das Wie, das taktische Vorgehen. Eine Karte, die er spätestens am Dienstag aufdecken will.

Doch für welche Option man sich am Ende entscheiden werde - ein Antrag auf Aufnahme Palästinas als UN-Vollmitglied oder auch nur ein "Upgrading" vom Beobachterstatus zu einem "Nicht-Mitgliederstaat" - "wir werden definitiv Erfolg haben". Abgesehen davon öffne sich damit eine "realistische Tür zu Verhandlungen mit Israel auf Augenhöhe", hält er Kritikern entgegen.

Aufgewachsen im Exil

Die Netanjahu-Regierung sieht das ganz anders, ebenso die USA, Deutschland und andere wichtige europäische Staaten. Aber Mansour gibt sich ganz unbeirrt. Er sieht Palästina auf der Zielgeraden und sich selbst in einer ähnlich historischen Rolle wie seinerzeit Teddy Kollek. Der spätere Jerusalemer Bürgermeister brachte 1947 am Hudson-River in New York mit hartnäckiger Überzeugungsarbeit unter den UN-Vertretern den Teilungsbeschluss durch. "Ohne die Resolution 181", so Mansour, hätte Israels Staatsgründer David Ben-Gurion im Mai 1948 doch nie seine eigene Unabhängigkeitsdeklaration verkünden können.

Zu der Geschichte gehört allerdings auch, dass der daraufhin von arabischen Staaten erklärte Krieg gegen den neuen israelischen Staat die aus Jaffa stammende Familie Mansour wie Hunderttausende von Palästinensern zu Flüchtlingen machte. Riad Mansour wuchs deshalb im Exil auf. Vielleicht hat ihn gerade das zu einem der entschiedensten Verfechter Palästinas werden lassen.