Ein Vergleich von Wladimir Putin mit Hitler hat in Russland höchste Empörung ausgelöst - ausgesprochen hat ihn angeblich der britische Thronfolger Prinz Charles. Zu einem klärenden Gespräch unter Diplomaten kam es am Donnerstag nicht.

Korrespondenten: Peter Nonnenmacher (non)

London – Eine leichtfertige Bemerkung des britischen Thronfolgers Prinz Charles über Kremlchef Wladimir Putin hat einen veritablen diplomatischen Eklat ausgelöst. Moskau verlangte am Donnerstag von der britischen Regierung eine „Klarstellung“ – und schickte einen Diplomaten zum Protest ins britische Außenministerium.

 

Charles hatte zwei Tage zuvor, auf einer Reise durch Kanada, Putin wegen seines Vorgehens in Sachen Ukraine mit Hitler verglichen. Das russische Außenministerium erklärte dazu, wenn Charles dies tatsächlich gesagt habe, sei das „inakzeptabel und unerhört“ und „eines künftigen britischen Monarchen unwürdig“. Die russische Zeitung Moskovskij Komsomolets warnte, Charles laufe Gefahr, „einen internationalen Skandal“ auszulösen.

Kopfschütteln löste Charles’ Kommentar indes auch in London hervor. Mehrere Abgeordnete erklärten, wenn der Prinz sich in dieser Weise äußern wolle, müsse er abdanken und könne nicht König von England werden.

Zu dem Zwischenfall war es gekommen, als Prinz Charles bei einer offiziellen Kanada-Reise in Halifax in Nova Scotia mit der 78-jährigen Marienne Ferguson ins Gespräch kam. Diese erzählte ihm, wie ihre Familie 1939 vor den Nazis aus Polen geflohen war, und wie andere Angehörige in den NS-Lagern ums Leben kamen. Dazu sagte der Prinz angeblich: „Putin macht ja jetzt so ziemlich dasselbe wie damals Hitler.“ Mehrere Personen, die um den Prinzen und seine Gesprächspartnerin herumstanden, wollen Zeuge dieser Äußerung gewesen sein.

Bei Hofe wurde die Bemerkung eilends herunter gespielt. Es habe sich, so hieß es, „um ein Privatgespräch“, also um eine vertrauliche Unterhaltung, gehandelt. Premierminister David Cameron erklärte: „Jedermann hat ein Recht auf private Ansichten.“ Oppositionschef Ed Miliband äußerte sogar Verständnis für den Prinzen. „Ich vermute“, sagte Miliband, „dass eine ganze Menge Leute hierzulande Prinz Charles’ Sorge über Präsident Putin und dessen Aktionen in der Ukraine teilen.“

Dagegen fand der Chef der rechtsgerichteten Partei UKIP, Nigel Farage, es gebe Zeiten, „in denen es besser für Prinz Charles wäre, sich nicht in Dinge wie diese einzumischen“. Der Labour-Abgeordnete Mike Gapes, Ex-Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses des Unterhauses, meinte, Charles hätte seine Ansichten „für sich behalten“ sollen: „Wenn Prinz Charles umstrittene Äußerungen zu nationalen oder internationalen Fragen machen will, sollte er abdanken und sich irgendwo zur Wahl stellen.“

Charles wird, an der Seite seiner Mutter und als Ko-Repräsentant des britischen Staates, zu den D-Day-Feiern am 6. Juni in der Normandie wieder mit Putin zusammen treffen. Mit seiner Bemerkung hat der britische Thronfolger, trotz vielfacher Warnungen in den vergangenen Jahren, eine neue Grenze überschritten. Bisher hatte er schon mit allerlei leidenschaftlichen Kommentaren zu Architektur, Naturheilmitteln, organischer Produktion und anderen Themen viele Briten gegen sich aufgebracht. Zur Zeit wird um einen intensiven Briefwechsel gestritten, mit dem er über Jahre hin Minister eingedeckt hat und zu beeinflussen versuchte. Diesmal, meinte am Donnerstag der linksliberale Londoner „Guardian“, habe sich Charles „in eine große aktuelle Krise der europäischen Diplomatie vergaloppiert – und erneut die Frage aufgeworfen, ob er wirklich zum König geeignet ist“.