Mit sechs Jahren saß Ektoras Tartanis zum ersten Mal am Klavier. Seit kurzem ist der Weilimdorfer Erster Kapellmeister in Bremerhaven.

Weilimdorf - Dann macht es halt der Kleine!“ Dass daraus etwas Großes werden könnte, das hatte die Mutter von Ektoras Tartanis mit dem Satz kaum im Sinn gehabt. Eher diente er der Dämpfung der Resignation hinsichtlich des Vorsatzes, im schon etwas reiferen Alter sich noch das Klavier erobern zu können. Und ganz für umsonst sollte die Anschaffung des Instrumentes ja auch nicht sein. Also machte es der Kleine: „Das fing ganz spielerisch an, mit sechs Jahren“, erzählt Tartanis nun, fast ein Vierteljahrhundert nach diesem Anfang. Und jetzt, da er ganz frisch zum Ersten Kapellmeister und Stellvertreter des Generalmusikdirektors am Stadttheater in Bremerhaven gewählt wurde.

 

Dass beim „Kleinen“ eine eminente Begabung am Sprießen war, blieb nicht lange verborgen. Bald schon räumte Ektoras, 1987 in Stuttgart geboren, bei „Jugend musiziert“ ab, und wenn es am Solitude-Gymnasium musikalisch an vorderster Front was zu tun gab, „dann war ich natürlich gefordert“, erzählt er. Gefördert fühlte er sich auch durch den „sehr guten Unterricht“ im Leistungskurs Musik. Und als „Herr Felsmann“ kürzlich beim Konzert im Mozartsaal erschien, wo Tartanis mit dem von ihm gegründeten Argo-Ensemble musizierte, hat ihn das natürlich gefreut – und daran erinnert, dass er da „mal was versäumt“ hatte: „Er bot an, mir Orgelunterricht zu geben. Kostenlos! Ich habe es nicht gemacht, weil ich so vollgepackt war. Das bereue ich bis heute. Weil das den Zugang zur Alten Musik erleichtert hätte und wegen das Maximums an Komplexität.“ Entspannt aber lehnt er sich zurück beim Gedanken daran, dass der Physiklehrer ihn „nicht gestört hat“, wenn er in der letzten Reihe eine Partitur studierte, statt dem Unterricht zu folgen.

Mit zwölf Jahren mit dem Komponieren begonnen

Mit zwölf begann er zu komponieren, hat sowieso alles „mitgenommen an Konzerten in Stuttgart. Musikfest, Abo-Konzerte, Sinfoniker, SWR-Sinfonieorchester, einfach alles“. Als Kampfsportler war er „fasziniert davon, was der Typ da vorne allein mit seiner Körpersprache ins Werk setzt, wie er mit den Musikern eine ganz Welt erstehen lässt. Das wollte ich auch“. Mit 16 hat er an der hiesigen Musikhochschule angeklopft, mit 17 mit einem „Feuervogel“-Tanz am Pult des Hochschulorchesters die Aufnahme geschafft, später an der Anton-Bruckner-Universität Linz das Studium abgeschlossen, nebenbei auch noch Klavier studiert.

Dann verschlug es ihn in die „Mühen der Ebene“, auf einen steinigen Weg: „Du kannst Beethoven dirigieren, aber keinen interessiert das.“ Keine einfache Erfahrung, schon gar nicht nach einem brillanten Abschluss. Der junge Musiker gab Klavierabende, arbeitete als Liedbegleiter: „Und ich habe assistiert, assistiert, assistiert“, berichtet Ektoras Tartanis. Und korrepetiert, also mit Vokalsolisten Partien erarbeitet. Etwa am Opernhaus Wuppertal oder in Bregenz. Hat Uraufführungen geleitet, ist eingesprungen, auch beim SWR-Orchester. Und hat es immer wieder an feste Häuser probiert: „Mit Dutzenden Absagen, obwohl ich fast immer in der letzten Runde war“. Wie in Bremerhaven, wo dann plötzlich alles passte: „La Bohème, das hatte ich drauf. Das Orchester hat gestrahlt, meine Eltern saßen im Publikum, und drei Wochen später habe ich den Anruf bekommen.“ In der nächsten Saison verantwortet er je zwei Musiktheater-Inszenierungen und Sinfoniekonzerte, plus den Nachdirigaten für den Chef.

Ausdruck einer starken Persönlichkeit

Schwer zu fassen, wie Tartanis in anderthalb Stunden sein musikalisches Denken umreißt, vom Barock bis ins Zeitgenössische! Dicht an dicht, jeder Satz druckreif – und Ausdruck einer starken Persönlichkeit, die „nicht in Konventionen spazieren, sondern ständig die Grenzen erweitern“ will: „Ohne Kunst, ohne Musik sind wir banale, geistlose Geschöpfe. Die innere Arbeit, die Suche nach etwas Spirituellem und der möglichst intensive Ausdruck einer musikalischen Botschaft, dass bringt uns unserem Menschsein näher.“ Dem will Tartanis sein Leben widmen. Bremerhaven, das sei jetzt „der erste Schritt“. Denn eines ist klar: Der „Kleine“ strebt nach dem ganz Großen: „Ich will immer besser werden und mit den Besten der Welt arbeiten.“ Er ist aber auch in Stuttgart zu erleben: Am 29. Juni mit seinem Ensemble im Fruchtkasten, und nächste Saison als Gastdirigent mit dem SWR-Orchester.

Weitere Infos unter: www.ektorastartanis.com