Alle Beteiligten warten auf den Discounter: Seit Jahren will das Unternehmen eine Filiale am Korntaler Bahnhof bauen. Offenbar führt der Lärmschutz erneut zu Verzögerungen bei dem Projekt.

Korntal-Münchingen - Am Korntaler Bahnhof will Lidl eine Filiale bauen, darüber sollen Wohnungen entstehen. Neben dem Markt soll es kleinere Shopflächen geben. Auch ein Beherbergungsbetrieb ist an der Weilimdorfer Straße geplant. Einst war die Rede von einem Boardinghouse – eine Unterkunft für längere Aufenthalte – nun könnte es ein Hotel werden.

 

Die Gestaltung des brachliegenden Bahnhofsareals am westlichen Ortseingang Korntals treibt die Verwaltung seit mehr als 13 Jahren um. Die Fläche gehört dem Neckarsulmer Unternehmen Lidl, und alle Beteiligten warten ungeduldig auf grünes Licht vom Konzern. Denn erst dann kann die Stadt den Bebauungsplan beschließen und Baugenehmigungen erteilen – und die Bauarbeiten können starten. „Wir haben alles vorbereitet“, sagt der Bürgermeister Joachim Wolf (parteilos) über das „schöne und gelungene“ Projekt.

Anders klingt es bei Lidl: Man müsse noch „planungsrechtliche Vorkehrungen“ treffen, teilt Thomas Ertl unserer Zeitung mit. Der Immobilienleiter der Lidl-Regionalgesellschaft Stuttgart sagt: „Zum konkreten Zeitplan können wir derzeit keine Angaben machen.“

„Wir hängen in den Seilen“

Dagegen wird der Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau konkreter. Das Unternehmen will auf der Lidl-Filiale drei Gebäude mit 33 Wohnungen bauen. „Wir rechnen spätestens im kommenden Jahr mit dem Baubeginn“, sagt Carsten Schüler auf Nachfrage. Er gehe davon aus, dass sich Lidl noch dieses Jahr dazu äußere, wie es weitergehe. Vielleicht müsse man noch Details an den Gebäuden ändern. „Der Bauantrag ist durch. Wir hängen in den Seilen und warten auf die Freigabe von Lidl“, sagt Schüler. Was die Eigentumswohnungen einmal kosten sollen, ist offen. „Es stehen noch keine Verkaufspreise fest“, sagt Schüler. Sie orientierten sich an den Baukosten, die noch nicht fix seien.

Der Lärmschutz für die künftigen Bewohner über Lidl und der Tiefgarage ist gesichert, doch nach Informationen unserer Zeitung gibt es noch Klärungsbedarf beim Lärmschutz für die angrenzenden Anwohner. Das ist offenbar zumindest eine Erklärung für die erneuten Verzögerungen. Demnach wird Lärm durch die Aktivitäten von Lidl befürchtet – es wird laut, wenn beispielsweise Lastwagen den Discounter beliefern. Mittlerweile soll es Lösungen geben, die Lidl noch absegnen müsse. Auf Anfrage teilt Thomas Ertl mit: „Lidl ist es wichtig, die Lärmemissionen für Anwohner von Filialen zu minimieren. Daher wird nachts sowie an Sonn- und Feiertagen keine Ware geliefert.“ In der geplanten Filiale in Korntal sorge außerdem eine eingehauste Anlieferungszone für weniger Lärmemissionen bei der Anlieferung.

Hotel realistischer als Boardinghouse

Der Lärmschutz beschäftigt auch den Korntal-Münchinger Raumausstatter Joachim Becker. Er will mit seinem Haupthaus in der Weilimdorfer Straße einmal ein Stück weiter auf das Bahnhofsareal ziehen – und ist derjenige, der in den Obergeschossen den Beherbergungsbetrieb einrichten will. Doch bis ins „letzte Detail“ plane er erst, wenn es einen Bebauungsplan gibt. Denn dann wisse er sicher, was er bauen dürfe – und welche Schallschutzbestimmungen zu jenem Zeitpunkt gelten.

Aus Sicht der Stadt ist ein Hotel realistischer als ein Boardinghouse. „Das Landratsamt hatte im Rahmen der Beteiligung erhebliche Bedenken bei den Lärmemissionen geäußert. Daher hat man sich in der zweiten Auslegung des Bebauungsplanentwurfs darauf geeinigt, keine Wohnräume in diesem Bereich zu schaffen“, sagt Carolin Kästner, die Sachgebietsleiterin für Wirtschaftsförderung der Stadt. Da ein Boardinghouse baurechtlich eher als Wohnnutzung einzustufen ist, könnte es stattdessen ein Hotel geben. Hierbei handele es sich um ein Gewerbe, „wofür die Lärmwerte toleranter sind“. Zusätzlich seien Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsräume sowie Dienstleistungsbetriebe denkbar.

Über den Lärmschutz für die künftigen Bewohner über Lidl wurde lange gerungen. Denn direkt neben dem Areal verlaufen die Bahnschienen. „Um die Lärmemissionen zu minimieren, wird eine Lärmschutzwand aufgestellt“, sagt Thomas Ertl von Lidl. Auch hier wird der Geschäftsführer der Bietigheimer Wohnbau konkreter: Die vorgesehene Wand soll aus Glas sein, „optisch durchlässig“, sagt Carsten Schüler. Überdies soll eine Begrünung auf dem Dach der Lidl-Filiale Teile des Lärms von Schiene und Verkehr schlucken.

Lidl selbst soll eine Verkaufsfläche von rund 1300 Quadratmetern haben und rund 110 Parkplätze. „Wir bieten das gleiche Sortiment und den gewohnten Service wie in Münchingen an“, sagt Ertl. Im Landkreis Ludwigsburg betreibt das Unternehmen aktuell 21 Filialen.

Lidl am Bahnhof: ein lang geplantes Vorhaben

Rückblick
Vor mehr als einem Jahrzehnt – im Dezember 2005 – hat Lidl das knapp 13 000 Quadratmeter große Gebiet am Korntaler Bahnhof von der Deutschen Bahn gekauft. Damals hat es Irritationen in der Korntal-Münchinger Stadtverwaltung gegeben, die das Areal gerne selbst gekauft hätte. Laut Deutscher Bahn waren wirtschaftliche Erwägungen für den Verkauf ausschlaggebend.

Erweiterung Die geplante Lidl-Filiale ist der Ersatz für den zuletzt bestehenden Supermarkt in der Johannes-Daur-Straße. Dieser war dem Unternehmen zu klein geworden, er hatte zu wenig Parkplätze und entsprach schlicht nicht mehr dem Konzept des Discounters. Inzwischen ist der alte Lidl-Markt geschlossen, der Nachmieter wurde die Stuttgarter Biomarktkette Naturgut. Sie eröffnete im September 2015 ihre Filiale in Korntal.

Änderungen Der Gemeinderat hatte den Wunsch geäußert, auf dem Areal am Korntaler Bahnhof auch Wohnraum zu schaffen. Entsprechende Pläne für eine Mischung aus Einkaufsmöglichkeiten und Wohnungen wurden entworfen. Ursprünglich sollten fünf Wohngebäude entstehen, nun sind es noch drei. Auch mögliche Eröffnungstermine wurden genannt. Allein: Bislang wurden sie stets aufs Neue gekippt. Zuletzt äußerte sich Lidl schwammig. So sagte der Standortentwickler Thomas Ertl vor zwei Jahren: Eröffnet werde „pünktlich zu Weihnachten – das Jahr legen wir noch fest“.