Für fünf Jahre sollte ein historisches Gebäude in der Altstadt in Waldenbuch als Ausweichquartier für Flüchtlinge und Obdachlose dienen – doch es gibt viele Bedenken und keine Lösung.

Waldenbuch - Spätestens 2022 wird die Unterbringung von Flüchtlingen und Obdachlosen in Waldenbuch zum Problem. Weil gleich mehrere städtische Wohnungen wegen baulicher Mängel wegfallen und die Sammelunterkünfte in Pandemie-Zeiten nicht mehr bis auf den letzten Platz belegt werden können, sucht die Stadt mit Hochdruck nach Ausweichquartieren. Jetzt schien eine Lösung gefunden: Die historische Gaststätte Lamm steht leer und könnte in einer Übergangsphase von fünf Jahren Wohnraum für 22 Personen bieten.

 

Kaum hatte der Bürgermeister Michael Lutz die Pläne der Stadt bekannt gemacht, kamen die ersten Bedenken. Anwohner meldeten sich, Gastronomen und Einzelhändler aus der Nachbarschaft äußerten ihre Einwände, und in den Fraktionen des Gemeinderats wurde heftig und kontrovers diskutiert.

Ist ein geschichtsträchtiges Gebäude, das den Eingang zur Altstadt an zentraler Stelle prägt, wirklich die richtige Wahl? Was macht das mit dem Umfeld? Und ist es nicht sinnvoller, dort möglichst schnell wieder ein gastronomisches Angebot zu etablieren? Diese Fragen beschäftigten die Stadträte in ihrer Sitzung am Dienstagabend bei der schwierigen Suche nach Antworten.

Diskussion mit einer herben Enttäuschung

Für den Bürgermeister endete die mehr als einstündige Diskussion mit einer herben Enttäuschung. Nachdem der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats Mitte Januar in nicht öffentlicher Sitzung die Anmietung des Gasthofs einstimmig befürwortet hatte, hatte Michael Lutz das Projekt im Eiltempo vorangetrieben. Die rechtlichen Fragen und die bauliche Umsetzung wurden abgeklärt und mit den Eigentümern ein Vertrag ausgearbeitet, auf dem nur noch die Unterschrift des Schultes fehlte.

Die wird es nun nicht geben, denn die Pläne der Stadt fanden keine Mehrheit. Acht Räte stimmten dafür, acht Räte stimmten dagegen und drei enthielten sich. Die Gegenstimmen kamen vor allem aus den Reihen der Freien Wähler. „Unsere Priorität liegt auf einer Wiederbelebung der Grabenstraße mit Gewerbe und Handel“, argumentierte etwa der FWV-Rat Josef Lupion. Die FWV-Fraktionssprecherin Annette Odendahl äußerte zudem Zweifel an einer Begrenzung der Laufzeit. „Ich glaube nie und nimmer, dass das eine befristete Lösung sein wird, und würde 100 Euro darauf wetten, dass wir in fünf Jahren eine Verlängerung auf den Tisch bekommen“, sagte sie.

Sorgen und Ängste der Bürger

Auch die Sorgen und Ängste der Bürger im Hinblick auf Kriminalität und Sauberkeit blieben in der Diskussion nicht außen vor. „Die gab es bei den anderen Unterkünften auch und alle funktionieren“, erklärte Ordnungsamtsleiterin Katharina Jacob. „Wir haben in dem Bereich exzellente Arbeit geleistet und werden das auch weiterhin tun“, bekräftigte der Bürgermeister, der mehrfach um ein einheitliches Signal des Gremiums bat. „Wir leben füreinander und miteinander in Fürsorge und sprechen alle von einer Welt. Das ist ein Zeichen, wie wir mit Menschen umgehen“, appellierte er. Die Zerrissenheit des Gremiums in dieser Frage spiegelte sich im gespaltenen Abstimmungsergebnis wider. Für die Unterbringung der Flüchtlinge und Obdachlosen bedeutet das: Die Stadt muss nun nach anderen Möglichkeiten suchen, um Wohnraum zu schaffen. Und das Gasthaus Lamm steht weiterhin leer, bis der Eigentümer eine neue Lösung für das Gebäude gefunden hat.