Um den Streit mit der CSU zu beenden, setzt die CDU auf europäisch vereinbarte Kontingente. Sie sollen den Zuzug von Flüchtlingen begrenzen. Das Asylrecht soll aber nicht angetastet werden.
Berlin - Nach dem Eklat auf dem CSU-Parteitag, auf dem CSU-Chef Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel wie ein Schulmädchen maßregelte, soll wieder etwas Ruhe in der Union einkehren. Zwar ist in Reihen der CDU der Ärger über das Verhalten Seehofers, der Merkel zu einem Bekenntnis zu Obergrenzen zwingen will, noch immer nicht gänzlich verflogen. Aber der in der CDU immer lauter werdende Ruf nach europäischen Kontingenten in der Flüchtlingspolitik ist ein Fingerzeig an die Schwesterpartei, wie ein Kompromiss aussehen könnte. Mehrere Vertreter der CDU-Führung und ein Sprecher der Bundesregierung machten jedenfalls mit einer solchen Forderung deutlich, was aus Sicht der CDU-Spitze und der Kanzlerin derzeit rechtlich und politisch möglich ist – und was nicht.
CDU-Parteivize Thomas Strobl sprach mit Blick auf eine Kontingentlösung von einem entscheidenden Mosaikstein und äußerte die Hoffnung, innerhalb weniger Wochen zu einer europäischen Lösung zu gelangen, bei der freilich die Türkei einbezogen werden müsse. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Wochenende wissen lassen, dass ein Kontingent auch „automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen“ bedeute. Sein Sprecher schob hinterher, dass es zwar beim Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte „keine Obergrenze“ geben könne. Allerdings hätten die meisten Flüchtlinge aus Syrien, die derzeit die größte Gruppe stellen, Anspruch auf einen Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention oder auf einen so genannten subisidiären Schutz, nicht aber auf Asyl, das die belegbare politische Verfolgung des Antragsstellers voraussetzt. Was sich kompliziert anhört, bedeutet konkret, dass für die meisten Flüchtlinge aus Sicht der CDU europäische Kontingente festgelegt werden könnten, ohne dass deshalb das Asylrecht geändert werden müsste. Faktisch würde dies für die meisten Flüchtlinge aus Syrien eben doch eine Obergrenze für den Zuzug in das Gebiet der Europäischen Union bedeuten.
Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter bekräftige, dass aus Sicht der Kanzlerin eine europäische Kontingentlösung den Zuzug „limitieren“ könnte. Auf eine Größenordnung oder einen europäischen Verteilungsschlüssel wollte sich Streiter aber nicht festlegen. Auch einen Fahrplan für eine europäische Lösung gebe es noch nicht.
Aus der CSU kommen nun versöhnliche Töne
Mit der SPD wäre eine Einigung über Kontingente möglich. Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigten sich gesprächsbereit. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann regte an, einmal im Jahr den Bundestag in Abstimmung mit der Europäischen Union und dem UN-Flüchtlingswerk über die Größe der Kontingente entscheiden zu lassen. Gabriel und Steinmeier zogen aber auch eine rote Linie: „Wir werden das deutsche Grundrecht auf Asyl nicht antasten.“ Deshalb werde es mit der SPD auch keine festen Obergrenzen geben, weil diese nur durch die Abschaffung des individuellen Asylrechts durchgesetzt werden könnten. Womit der Handlungsspielraum der Kanzlerin vorerst festgelegt wäre.
In der CSU hört man nach dem Poltern des Parteichefs durchaus auch versöhnliche Töne. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), ließ sich im Gespräch mit der Bild-Zeitung auf den Vorschlag einer Kontingentlösung ein. „Dauerhaft müsste dabei die Zahl der Menschen, die wir im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention aufnehmen, deutlich unter 500000 Personen pro Jahr liegen“, so Mayer.