Keiner mag Preiserhöhungen. Doch die neuen Fahrpreise im VVS werden im Netz heiß diskutiert. Viele Leser haben auch Ideen, was besser werden müsste. Ein Überblick.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Am Mittwoch haben Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) eine Preiserhöhung beschlossen. Dass die öffentlichen Verkehrsmittel in der Region Stuttgart teurer werden, kam nicht überraschend. Doch die Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung hat Hunderte Leserkommentare evoziert – darunter auch vom VVS selbst.

 

Einige Kommentatoren äußern Verständnis für die Preiserhöhung. „Jedes Jahr steigen die Preise - bei VVS/SSB und überall anders. Und wenn eine Erhöhung um 10 Cent umgerechnet 8% sind, machen Medien und „Verbraucherschützer“ einen Skandal daraus“, schreibt Klaus Dessauer. Und weiter: „Dass Benzinpreise jeden Tag um 10% schwanken, auch ohne Krise in Nahost, wird stillschweigend hingenommen. Und wenn SL, 911, GTI etc. inzwischen die DM-Preise in Euro kosten, wird das auch hingenommen.“

„Einer der teuersten Verkehrsverbunde Deutschlands“

Die Mehrzahl der Leser lehnt die Preiserhöhung ab. Das verwundert nicht, doch werden die Meinungen unterschiedlich begründet.

Etliche Kommentatoren äußern ihren Frust über das Auseinanderfallen von Preis und Leistung. Besonders regelmäßige S-Bahn-Fahrer können demnach nur schwer einsehen, warum sie für den störanfälligen Service mehr bezahlen sollen. So schreibt Uwe Hennings auf der StZ-Website: „Der VVS ist einer der teuersten Verkehrsverbunde Deutschlands und auch noch der schlechteste, siehe z.B. S-Bahn Chaos. Im Rahmen von S21 werden noch weitere drastische Verschlechterungen- auch bei der SSB (Stichwort Staatsgalerie/Charlottenplatz)- für mindestens 2 Jahre kommen, sodass die Fahrpreiserhöhung aus meiner Sicht in keiner Weise legitimiert ist.“

 

VVS-Tickets werden zum 1. Januar 2016 teurer. Das findet ihr ... (bitte ergänzen).

Posted by stuttgarter-zeitung.de on  Wednesday, July 8, 2015


„ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich mit einer S-Bahn gefahren bin, die pünktlich unterwegs war“, klagt etwa Bettina Karin Wiesenhütter. Ihr Vorschlag: „Ausfallquote der Bahnen senken, höherer Einsatz von Bahnen (obwohl dies vermutlich zu noch höheren Preissteigerungen führen würde). Also bitte lieber VVS schaffe Verständnis für deine Kundschaft.“

In Saarbrücken ist’s noch schlimmer

„Die S-Bahn Stuttgart hatte 2014 das schlechteste Jahr bezüglich Pünktlichkeit. Bekommen Arbeitnehmer bei schlechter Leistung auch mehr Geld?“, fragt Harald Frank. Manuel Pecus findet, dass die Verbesserungen im VVS zu wenigen Kunden nützen als dass sie die Preiserhöhungen rechtfertigen würden: „Jede Preiserhöhung wird mit irgend nem Unsinn gerechtgefertigt, von dem ein Bruchteil profitiert. Oder profitiert man z. B. in Necklinsberg davon, dass in Stuttgart abends die Strambe bis 20 Uhr im 10-Minuten-Takt fährt?!“

Falls sich jemand danach besser fühlt: Werner Makary berichtet aus dem Saarland. Er schreibt: „Bei uns in Saarbrücken sind die Preise auch happig. Aber deshalb haben sie aus den Bussen die Klimaanlagen ausgebaut. Und zwar in jedem. Könnte ja Sprit kosten.“

„Im Auto stinkt es nicht und ich hab nen Sitzplatz“

Einige Kommentare betrachten die Preisen für den öffentlichen Nahverkehr mit Blick auf die Alternative Auto. „Ich will nicht alle 5 Jahre neue Stadtbahnen, ich will einen günstigen Nahverkehr, damit ich einen Anreiz habe, NICHT mit dem Auto in die City zu fahren“, schreibt etwa Wolfram von Nessen.

Ahemd Temsamany spricht die Politik direkt an: „Die Stadt erstickt in Abgase und an Staus und Oeffentlichen werden teurer... Und wir haben wohl eine Gruene Landesregierung und einen Gruenen OB.... gegen die Autolobby kommt man hier nicht an.“ Uwe Iber erinnert auf stuttgarter-zeitung.de Fritz Kuhn an seine Wahlkampfversprechen in Sachen ÖPNV. In eine ähnliche Richtung kommentiert Oliver Rapp, der aber explizit die Zuverlässigkeit der Stuttgarter Stadtbahnen lobt.

Teures Samstags-Shopping

Katja Enders schreibt, wie teuer gelegentliches Stadtbahnfahren zum Beispiel für einen Einkaufstrip mit der Familie sein kann: „Wenn ich aus Remseck mal shoppen will mit 2 Kids- dann macht das Bahnfahren echt keinen Sinn. Schleppen, schweineteuer und überfüllt. Nö dann lieber Parkgebühren, Sachen ins Auto legen zwischendurch und Ruhe haben.“ Beatrix Schnabel-Seitz rechnet vor: „eine relativ einfache Rechnung:mit meiner Familie zum Wasen, Fussball, Theater oder sonstiges (15 km einfach) VVS 4*5*2= 40 €, Auto 15*2*0,25 €+3,- € Parkgebühr = 10,50 €. Noch Fragen?“

Passionierte Autofahrer können sich angesichts der Preiserhöhung ohnehin zurücklehnen. Jörg Ulmer: „Ich fahr eh nur mit dem Auto! Da stinkt es nicht und ich hab garantiert nen Sitzplatz!!!“

Der VVS diskutiert auf Facebook mit

Manche Leser blicken in andere deutsche Städte. In Hamburg, Köln München oder Berlin sei der ÖPNV günstiger als in Stuttgart. Auch wenn sich das (worauf Diskutanten auch hinweisen) nicht so pauschal sagen lässt und man die Verkehrsverbünde nur schwerlich miteinander vergleichen kann: einige Kommentatoren verweisen auf das in ihren Augen komplizierte Tarifsystem in Stuttgart. So wird gefragt, warum das Stuttgarter Stadtgebiet in zwei Zonen aufgeteilt ist oder sie weisen auf „das Durcheinander in den Randzonen“ hin.

Auch der VVS diskutiert via Facebook mit. Die Social-Media-Redaktion des Verkehrsverbunds verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass sie 60 Prozent ihrer Einnahmen über Ticketverkäufe erwirtschaften müsse, außerdem viel investiert werde. „Leider stehen dafür immer weniger öffentliche Gelder zur Verfügung“, schreibt der VVS. Und weiter: „Gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen stehen wir nun vor der Wahl, entweder zu sparen und das Angebot zu verringern oder die Einnahmen zu erhöhen. Da die erste Option bislang nicht infrage kommt, entscheiden sich die zuständigen Gremien für die Erhöhung der Ticketpreise.“

Letztlich hat beim VVS und den Preisen für den öffentlichen Nahverkehr jeder Recht. Den größten Zuspruch für seinen Kommentar bekam Roland Leicht: „... langsam echt eine Frechheit. Wenn die Gegenleistung stimmen würde hätte ich kein Problem damit. Aber bei dieser Unzuverlässigkeit (unpünktlich, Streik, Ausfälle, Störungen) ist das einfach nur ungerechtfertigt.“ Dutzende Leser stimmten ihm per „Gefällt mir“ zu.