Bei der Konferenz zur Zukunft der Museen ist die Stimmung aufgeheizt: Über die Schließung einer Einrichtung und die Eröffnung eines Stadtforums wird heftig debattiert. Uneinigkeit herrscht auch über den Verbleib der Galerie in der Zehntscheuer.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Christian Baudisch steht mit seiner Meinung ziemlich alleine da. „Ich würde das Bauernkriegsmuseum sofort zumachen.“ Das damit gesparte Geld würde der Leiter des Böblinger Fleischermuseums stattdessen dafür ausgeben, zum 500-Jahr-Jubiläum der Böblinger Schlacht „eine Riesennummer auf die Beine zu stellen“. Ein älterer Herr kontert: „Ich will, dass es bestehen bleibt.“ Rund 100 Teilnehmer waren zu der Veranstaltung am Montag gekommen, bei der das neue Museumskonzept vorgestellt wurde und die Bürger mit Ideen beteiligt werden sollten. Aber die Debatte drehte sich vor allem um die eine Einrichtung.

 

Einige Böblinger auf die Barrikaden gebracht

Der Kulturwissenschaftler Thomas Knubben und der Architekt Korkut Demirag haben offensichtlich einen Teil der Böblinger Bevölkerung auf die Barrikaden gebracht. In der von ihnen verfassten Museumskonzeption schlagen sie vor, das Bauernkriegsmuseum zu schließen und die der Galerie die Zehntscheuer zu überlassen, unter anderem, weil Neubaupläne schon einmal scheiterten. Das Fleischermuseum würden sie aus- und ein Stadtforum aufbauen. Letzteres beschreibt der Kulturwissenschaftler als „einen offen gehaltenen Ort für die städtische Identität“ – ohne Dauerausstellung. Vier Museen zu betrieben sei zu aufwendig. Und die seit 30 Jahren nicht überarbeitete Schau über den Bauernkrieg hält er mangels Alleinstellungsmerkmal nicht für erhaltenswert.

Ein Workshop zum Thema Bauernkriegsmuseum lässt sich bei der Konferenz nicht abhalten. Viele der Teilnehmer müssen erst einmal ihren Unmut kundtun. „Schließen geht gar nicht“, „altbackene Konzeption“, „zu wenig Sensibilität für das Herzblut der Protagonisten“ und „Weiterentwicklung statt Einlagerung“, schreiben die vornehmlich älteren Anwesenden auf die bunten Karten, die an Pinnwände gehängt werden. Auch als eigentlich das Stadtforum zur Diskussion steht, kehren sie immer wieder zum Bauernkriegsmuseum zurück. „Die Museen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, sagt ein Mann. „Erst muss eine Lösung für das Bauernkriegsmuseum gefunden werden“, findet ein anderer.

Fasziniert von der Idee des Stadtforums

Aber es melden sich auch andere Stimmen. „Ich bin fasziniert von der Idee des Stadtforums“, erklärt eine Teilnehmerin. Ein junger Mann lobt den Vorschlag ebenfalls, weil es die Möglichkeit gebe, die gesamte Geschichte der Stadt zu repräsentieren und nicht nur eine Episode davon. In der harmonischen Fleischermuseum-Gruppe sprechen sich alle dafür aus, das Haus für das Thema Ernährung zu öffnen. Die in der Konzeption vorgeschlagene Erweiterung zum Science Center halten viele jedoch für zu hoch gegriffen.

Bei der Städtischen Galerie sind die Meinungen in erster Linie in der Frage nach dem Domizil unterschiedlich, die Forderung nach einem Neubau kommt mehrmals auf. „Man kann nicht die Felle eines Bären verteilen, der gar nicht erlegt ist“, kritisiert ein Herr. Er hält die Diskussion für müßig, so lange nicht die Finanzierung geklärt ist. „Das Schlimmste wäre, wenn alles zerredet wird und gar nichts passiert“, warnte noch eine Mitwirkende.

Weiterarbeiten wie bisher

Christian Baudisch vom Fleischermuseum hat jedenfalls schon klare Vorstellung, welche Vorteile ein flexibles und innovatives Stadtforum bringen könnte: Pop-up-Ausstellungen zu allen Aspekten der Böblinger Geschichte und im Jahr 2025 ein Musical über die Schlacht in Böblingen, schwärmt er. Nach Ansicht seiner Kollegin Cornelia Wenzel ist der Konsens in der Konferenz allerdings eindeutig: „Wir wollen das Thema Bauernkrieg in musealer Form erhalten“, betont die Leiterin der in Frage gestellten Einrichtung – und zwar in der Zehntscheuer. „Die Schließung und Einlagerung ist ein viel zu großes Risiko“, erklärt sie – und dass sie wie gehabt weiterarbeiten wird.

Das weitere Vorgehen

Fazit:
Für Patrick Föhl lautet die Botschaft des Tages: „Es besteht ein großes Interesse, sich an der Diskussion zu beteiligen.“ Und die vorliegende Museumskonzeption biete die Chance, „Druck auf die Politik auszuüben“, sagt der Moderator. Eigentlich wolle er nicht mehr in Böblingen arbeiten, verrät er noch: Eine Veranstaltung zur Kulturentwicklung vor sieben Jahren hatte er nur als lähmend empfunden.

Verfahren:
„Das ist der Beginn der Diskussion und nicht das Ende“, betont der Kulturamtsleiter Peter Conzelmann. Die Meinungen und Vorschläge der Museumskonferenz werden nach der Sommerpause dem Gemeinderat vorgestellt. „Das Gremium muss der Verwaltung dann sagen, wie es weitergeht.“