15 Euro für ein Bier und deutliche höhrere Eintrittgelder - damit drohen Clubbesitzer, sollte die Gema ihre neuen Tarife anwenden. Jede Menge Zündstoff für eine Diskussion im Stuttgarter Club Zollamt.

Stuttgart - Für zehn Ü-30 Partys zahlt eine Stuttgarter Eventagentur bisher im Jahr 19.000 Euro an die Verwertungsgesellschaft Gema. Kommt die geplante Tariferhöhung, wären es jährlich 143.000 Euro. Eine drastische Erhöhung. Die Gema sieht das anders. „Wenn sie insgesamt über diese Veranstaltungen an die 1,4 Millionen Euro an Eintrittsgeldern einnehmen, dann erscheint mir dieser Betrag durchaus als angemessen“, sagt Lorenz Schmid, Bezirksdirektor der Gema Hamburg. Clubbetreiber gegen Gema. Die Fronten sind an diesem Nachmittag im Club Zollamt entsprechend verhärtet. Wäre die Gema eine Popgruppe, sie hätte ein ziemliches Imageproblem. Es ist kein fröhliches Zusammensein, sondern eine Art runder Tisch. Die Gema erklärt ihre neuen Tarife, die Clubbetreiber äußern ihre Existenzängste.

 

Fast 50 Stuttgarter Clubbetreiber und Partyveranstalter sind der Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten und selbternannten Nachtschwärmers Stefan Kaufmann zur Gesprächsrunde gefolgt. Am 22. März hatte die Gema ihre neuen bundesweiten Tarife für Clubs veröffentlicht, die eine starke Erhöhung der bisherigen Gebühren bedeuten würde. Viele Clubs fürchten seither um ihre Existenz. Ein Tarifstreit, der nicht nach den klassischen Regeln abläuft, denn Streik ist für die Clubbetreiber keine denkbare Alternative. Club abschließen ist nicht. Vertreten werden ihre Interessen gleich von mehreren Verbänden. Zum größten Teil jedoch durch die Bundesvereinigung der Musikveranstalter.

Eines war nach fast zwei Stunden klar: Die Gema ist verhandlungsbereit und dass der neue Tarif in voller Höhe bereits wie geplant ab Januar 2013 von den Clubbetreibern zu bezahlen ist, erscheint mehr als unwahrscheinlich. Die geplante Tarifreform der Gema liegt derzeit bei der Schiedsstelle des deutschen Marken-und Patentamtes. Die Schiedsstelle muss nun einen Einigungsvorschlag erlassen, auf dessen Basis beide Seiten in Verhandlungen treten können. Kommt es zu keiner Einigung, dann kann der Rechtsweg eingeschlagen werden. Erste Anlaufstelle wäre dann das Oberlandesgericht in München und in letzter Instanz der Bundesgerichtshof. Ein solches Verfahren kann sich häufig mehrere Jahre hinziehen. „Es war zunächst einmal wichtig, dass deutlich wird, dass die GEMA verhandlungsbereit ist“, sagte Stefan Kaufmann.

Perkins Park müsste 800 Prozent mehr bezahlen

Die Existenzangst der Clubbtreiber wurde dennoch mehr als deutlich. „Der Perkins Park erwartet eine Tariferhöhung von 800 Prozent“, sagte Michael Presinger, Betreiber des Clubs. Da falle es schwer sachlich zu bleiben. Auch Thomas Pollak von der Veranstaltungsgesellschaft "In.Stuttgart" fürchtet die Folgen der Tarifreform. „Das haut beim Lichterfest und dem Sommerfest richtig rein, die Gema macht Veranstaltungen damit kaputt“, sagte er. Viele machten klar: Kommt die Tarifreform in dieser Art, dann werden viele Clubs schließen müssen. „Wenn ich die Erhöhung an die Gäste weitergebe, dann kostet ein Bier künftig 15 Euro“, sagt Yusuf Oksaz, der Betreiber des Romy S, des Dilayla und des Mrs Jones in Stuttgart.

Die Gema will für die Künstler, die sie vertritt, schon immer einen Anteil an den Einnahmen der Clubs. Doch der steigt nun plötzlich rasant an. Lorenz Schmid, Bezirksdirektor der Gema Hamburg, spricht von „ einem angemessenen Betrag“, die Clubbetreiber äußern daran deutliche Zweifel. „Es drängt sich ja schon die Frage auf, warum dann in den vergangenen Jahren die Gema ja anscheinend immer viel zu wenig verlangt hat“, sagt Kaufmann, oder ob da auch etwas verschlafen wurde. Denn nun sind die Erhöhungen drastisch, teilweise um bis zu 700 Prozent. Da bisher elf verschiedene Tarife existieren, lassen sich die Erhöhungen nicht pauschal errechen. Clubs zahlen derzeit im Zweifel nach unterschiedlichen Tarifen. Bei den zwei Tarifen, die nun eingeführt werden sollen, zahlt aber nahezu jeder Club mehr. Die wirtschaftliche Dimension wird dabei pauschal errechnet. Entscheidend sind für die Berechnungen der Gema die Raumgröße und das verlangte Eintrittsgeld.

So rechnet die Gema

Die Gema rechnet so: Pro Quadratmeter Club wird von einem zahlenden Gast ausgegangen. 100 Quadratmeter bedeuten pauschal also 100 zahlende Gäste. Beträgt das Eintrittsgeld 10 Euro bedeutet das, es kann von einem Umsatz von 1000 Euro ausgegangen werden. 10 Prozent von diesen Eintrittsgeldern verlangt die Gema künftig von den Clubs. Effektiv sind es netto dann 7,2 Prozent. Bei zehn Euro gehen also 72 Cent an die Gema.

Bei vielen Tarifen lagen die Abgaben in dieser Konstellation bisher aber gerade einmal bei 10 bis 15 Cent. Warum die Erhöhungen nun so drastisch sind, auf diese Frage gibt es von den beiden Vetretern der Gema nur eine Antwort: Die Erhöhungen seien angemessen. Zusätzlich will die Gema künftig so genannte Zeitzuschläge einführen. Wird auf einer Veranstaltung länger als fünf Stunden Musik gespielt, muss noch einmal extra bezahlt werden. Für Clubs wäre das eine dauerhafte Zusatzzahlung.

Die Erhöhungen erklärt die Gema mit einer Vereinfachung ihrer Tarife. Diese Tarife betreffen pro Jahr in etwa 1, 5 Millionen Veranstaltungen in Deutschland. „Eine Entlastung gibt es vor allem bei den eine Million Einzelveranstaltungen“, sagt Schmid von der Gema. Diese würden bis zu 60 Prozent entlastet werden. Eine Erhöhung gebe es hingegen bei den 500 000 Veranstaltungen im Clubbereich. Keine guten Neuigkeiten für die Betreiber.

Das eine solche Erhöhung schrittchenweise kommen kann, wird am Beispiel der deutschen Konzertveranstalter deutlich. Seit 2010 werden die Tarife von der Gema für Konzertveranstalter über einen Zeitraum von fünf Jahren jährlich erhöht, bis im Jahr 2015 dann insgesamt 7,2 Prozent mehr zu bezahlen sind als ursprünglich. „Wir haben dann eine Verdreifachung der Tarife bei Konzerten“, sagt Paul Woog vom Konzertveranstalter SKS Russ GmbH. Das bedeutet höhere Preise für Eintrittskarten und im Zweifel weniger Konzerte, da die Nachfrage bereits deutlich abnimmt. Auch er setzt sich dafür ein, dass die Erhöhung für Clubs nicht kommt. „Wenn wir keine kleinen Clubs mehr haben, in denen auch mal noch unbekannte Musiker auftreten können, dann kann man auch keine Künstler mehr aufbauen“, sagt Woog. Er spricht damit eine wichtige Rolle der Clubs an. Denn Clubs machen Stars und ohne Clubs würde das ein oder andere Lied auch kein Hit werden. Sicherlich auch eine Überlegung für die Verhandlungen.