Der Windkraftstandort „GP-03 Weinstraße“ ist – wie so viele andere auch – umstritten. Die Regionalräte in Stuttgart haben den Standort jetzt gebilligt. Das Verfahren und die Diskussionen gehen allerdings weiter.

Stuttgart/Wangen - Weder die anhaltende Kritik der Bürgerinitiative Lebensraum Östlicher Schurwald noch die Ablehnung des Vorhabens durch den Göppinger Arbeitskreis des Landesnaturschutzverbands hat Gehör gefunden. Der Planungsausschuss des Verbands Region Stuttgart billigte am Mittwoch das Konzept für den Windparkstandort „GP-03 Weinstraße“ mit großer Mehrheit. Nur der Regionalrat der AfD stimmte dagegen, der FDP-Vertreter enthielt sich.

 

Zwar hatte die Regionalversammlung Ende September 2015 ein Konzept für Windkraftanlagen in der Region Stuttgart mit 41 Standorten nach einer kontroversen Debatte verabschiedet. Weil einzelne dieser sogenannten Vorranggebiete aber in Landschaftsschutzgebieten liegen, ist dieses Konzept planungsrechtlich ohne Belang. Die Folge: für die entsprechenden Standorte muss ein eigenes Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden, falls ein Unternehmen dort Windräder bauen will. Das ist auch beim Windpark Weinstraße im Schurwald der Fall, das auf den Gemarkungen von Wangen und Schorndorf-Oberberken liegt.

In dem Waldgebiet zwischen dem Nassachtal und dem Herrenbach-Stausee bei Adelberg will die Firma Energiedienstleistungen Remstal, an der sowohl die Schorndorfer und als auch die Fellbacher Stadtwerke beteiligt sind, vier Windräder errichten. Das Investitionsvolumen umfasst sechs Millionen Euro. Die Nabenhöhe der Anlagen beträgt jeweils knapp 150 Meter, mit Rotor werden sie rund 207 Meter erreichen.

Im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens, das das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) auf Antrag des Landratsamts Rems-Murr durchführt, wurde nun auch der Verband Region Stuttgart – neben anderen Beteiligten – gehört. Die Entscheidung, ob gebaut werden darf, treffen allerdings das RP und der Kreis.

Bürgerinitiative bezweifelt bisherige Erkenntnisse

Obwohl Mitglieder der BI Lebensraum Östlicher Schurwald sowie Anwohner des Klosters Adelberg und der Herrenmühle, die den Bau der Windkraftanlagen verhindern wollen, in der Ausschusssitzung waren, gab es keine Debatte. Das Gebiet eigne sich grundsätzlich für Windkraft und sei weit genug von Siedlungen entfernt, hatte der Planungschef der Region, Thomas Kiwitt, im Gespräch mit Anwohnern bereits vor der Sitzung betont: „Wenn es dort nicht geht, wo dann?“ Die Entgegnung, dass Adelberg „von Windrädern umzingelt“ werde, weil an mehreren Stellen in der Umgebung Anlagen geplant seien, und dass zudem das vom Kloster aus zu sehende Landschaftsbild stark beeinträchtigt werde, spielte keine Rolle.

Auch einige der Argumente der Windparkgegner, die in einer Pressemitteilung zusammengefasst waren, liefen ins Leere. So fehlt, wie bereits berichtet, aus Sicht der BI im Zusammenhang mit der Windhöffigkeit und damit der Rentabilität der Anlage nach wie vor ein entscheidendes Gutachten. Zudem beeinträchtige der geplante Windpark den Schutzzweck des Landschaftsschutz- und FFH-Gebiets erheblich. Obendrein seien ein großes Fledermausvorkommen sowie drei Horste von Mäusebussarden gefährdet.

Darüber hinaus beklagen die Bürgerinitiative und die Anwohner eine zu erwartende deutlich höhere Lärmbelastung als im Antrag der Investoren angegeben. Diese basiere auf falschen Voraussetzungen, da die Nabenhöhe der geplanten Windräder nicht 30, sondern 150 Meter betrage und eine zusätzliche Schallbelastung durch den nahe gelegenen Windpark „GP-01 Kaisersträßle“ nicht berücksichtigt sei.

Auch – und gerade – nach dem Ja des Planungsausschusses der Region fordert die BI, eine Entscheidung im Zielabweichungsverfahren solange auszusetzen, bis ein Erörterungstermin zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stattgefunden hat. Ein solcher war bereits für Mitte November anberaumt gewesen. Da es allerdings mehr als 1000 Einwendungen aus der Bevölkerung gab, wurde die Erörterung vom Landratsamt Rems-Murr verschoben. In der jetzt anstehenden, aber noch nicht terminierten Besprechung sollte aus Sicht der Windkraftgegner in jedem Fall ein RP-Vertreter teilnehmen, um die vorgetragenen Sachverhalte im Zielabweichungsverfahren berücksichtigen zu können.